Presseartikel zum Infoabend Verschmelzung WAP mit der GGP

21.10.2005 – PNP, Lokalteil Passau Stadt

Betroffene beteiligen sich an Fusions-Debatte

Mieter der Wohnungsaufbau stellen bei Info-Veranstaltung erstmals Fragen zur angedachten Verschmelzung mit der GGP

von Christian Karl
Die derzeit diskutierte Verschmelzung der beiden städtischen Gesellschaften Wohnungsaufbau (WAP) und Grundstücksverwertungsgesellschaft (GGP) beschäftigt nicht nur Politiker und Bilanzexperten, sondern vor allem die WAP-Mieter. Bei einer angenehm sachlichen und teils amüsanten Info-Veranstaltung, die die Passauer Grünen organisiert hatten, traten erstmals deren Sorgen und Ängste zu Tage. Der Königsweg im Sinne aller Beteiligten wurde nach der knapp zweistündigen Debatte freilich auch nicht gefunden. „Vielleicht kriegen wir ja jetzt Neuwahlen“, mutmaßte am Ende süffisant ein Mieter in Anlehnung an die aktuelle große Politik.

„Bezahlbarer Wohnraum dient sozialem Frieden“

Gut zwei Dutzend WAP-Mieter waren der Einladung für die erste von insgesamt drei Info-Veranstaltungen der Grünen unter dem Motto „Es geht um Ihre Wohnungen“ in die Stadiongaststätte gefolgt. Mit dabei waren auch die Geschäftsführer Werner Stadler (WAP) und Herbert Wendl (GGP), die für ihre jeweiligen Statements Beifall der Zuhörer kassierten.

„Bezahlbarer und genügend Wohnraum garantiert sozialen Frieden“, sagte Boris Burkert eingangs der Veranstaltung. Frieden, den der Grünen-Kreisvorsitzende durch eine Fusion offenbar gefährdet sieht. Das OB-Versprechen, wonach bei einer Verschmelzung WAP-GGP die Mietpreise stabil blieben, zweifelte Burkert an: „Lassen Sie sich das schriftlich vom OB geben.“ Erika Träger lobte die seit 1994 bestehende GGP ausdrücklich für ihre Maßnahmen im Sinne der Stadt, z.B. die Entwicklung des ehemaligen Bundeswehrstandorts Kohlbruck. Aber die Grünen-Stadträtin erinnerte zugleich an das Risikogeschäft der GGP durch den Kauf und Verkauf von Grundstücken und die rund 50 Millionen Euro Schulden, die bis dato aufgelaufen seien.


Die Grünen-Stadträte Erika Träger und Karl Synek (rechts), die die Infoveranstaltung mitmoderierten, notierten sich Sorgen und Ängste der WAP-Mieter (Foto: Geisler)

Karl Synek bestätigte zunächst mögliche Vorteile einer Fusion und Synergie-Effekte bei künftig nur einer gemeinsamen Verwaltung und nur einem Geschäftsführer. Rund 100 000 Euro weniger Zinslast für die Stadt sollten nach Berechnungen Syneks jährlich herausspringen, wenn die vermögende WAP und die verschuldete GGP künftig als verschmolzene neue GmbH um Bankkredite feilscht. Dann aber erwähnte der Grünen-Stadtrat vermeintliche Risiken. So sah er den bei der WAP üblichen Renovierungsplan bei ihren rund 1700 Wohnungen gefährdet, weil Rücklagen der WAP aufgezehrt werden könnten. „250 Wohnungen sind ohne Zentralheizung. Wenn die jetzt renoviert würden, sind die Rücklagen im schönen einstelligen Millionenbereich schon weg.“ Bei einer Fusion seien zudem laut Synek bis zu 2,8 Millionen Euro Grunderwerbsteuer zu zahlen, was Synergie-Effekte jetzt und künftig schon wieder arg relativiere. Syneks Kernthese: „Die WAP hat Geld, die GGP braucht Geld.“


Hermann Bobula (links) war einer der sehr engagierten WAP-Mieter, die sich bei der ersten von drei Informationsveranstaltungen schlau machen wollten.

„Was können wir als Mieter denn überhaupt bei der ganzen Diskussion machen?“, wollte Hermann Bobula wissen. Die erste Frage aus dem Mieterkreis erwiderte Boris Burkert: „Die 44 Stadträte können was tun, also gehen Sie zum Stadtrat Ihres Vertrauens und bringen Sie ihre Sorgen ein.“ Bei der Frage, ob denn die GGP „überhaupt mal schwarze Zahlen geschrieben hat“, bestätigte Synek, dass dies acht Jahre in der bis dato zehnjährigen GGP-Existenz der Fall gewesen sei. Nach Syneks Antwort stellte Herbert Wendl seine Sicht der Dinge dar: „Die GGP hat nicht schlecht gewirtschaftet. Wir haben allein in Kohlbruck 1100 Arbeitsplätze ermöglicht“, sagte der GGP-Geschäftsführer und erwähnte die Hintergründe für die GGP-Schulden. „Wir müssen im Sinne und Auftrag der Stadt Grundstücks-Vorratspolitik betreiben, um reagieren zu können.“ Soll heißen, die GGP muss Grundstücke erwerben und bereithalten, sollten Investoren spontan Interesse an und in Passau bekunden. Außerdem stünden den 50 Millionen Buchwert-Schulden rund 75 Millionen Euro an Verkehrswert der GGP-Gründstücke gegenüber. Trotz dieses Gegenwerts seien die Banken in Zeiten von Basel II aber sehr restriktiv bei der Kreditvergabe. Und nicht zuletzt auch deswegen sei es für die Stadt günstiger, wenn künftig GGP und WAP gemeinsam marschierten.

Welcher Geschäftsführer muss dann in Rente?

Argumente und Risiken, die freilich die Wohnungsmieter der wohlhabenden WAP so nicht hinnehmen wollten. „Herr Rebstein (der verstorbene WAP-Geschäftsführer; d. Red.) hat gut gewirtschaftet, Herr Stadler renoviert jetzt endlich unsere Wohnungen, und am Ende sind wir nach einer Fusion vielleicht die Dummen“, warf Margit Hofbauer ein. Der erwähnte WAP-Geschäftsführer Werner Stadler sprang bei: „Die WAP ist im Rahmen ihrer Möglichkeiten bereit zu helfen. Wenn dabei aber Nachteile für die Mieter entstehen, wird der Aufsichtsrat nicht zustimmen.“ Geschäftsführer-Kollege Wendl sah ohnehin noch reichlich Klärungsbedarf: „Was passiert, kann heute noch keiner sagen. Alle Fakten müssen erst noch vorgelegt werden“, sagte der GGP-Chef in Anspielung an Untersuchungen durch die Steuerberater der beiden Gesellschaften sowie des Verbands Bayerischer Wohnungsunternehmen.


Die beiden Geschäftsführer Herbert Wendl (GGP/links) und Werner Stadler (WAP) meldeten sich öfters zu Wort.

Die passende Schlussfrage hatte WAP-Mieter Franz Huber parat. „Wer von euch beiden geht denn eigentlich in Rente, wenn ihr fusioniert?“ GGP-Chef Wendl sah sich – mit Blick auf den jüngeren Tischnachbarn Werner Stadler – gemüßigt, als Erster zu antworten: „Gehen Sie mal davon aus, dass dann eher ich nicht mehr so lange im Arbeitsprozess stehen werde.“