Haushaltsrede 2006


Rede zum Haushalt 2006am 12.12.2005Karl Synek für die Fraktion Bündnis 90/die Grünen im Passauer Stadtrat 

Die Arbeit eines Stadtkämmerers bei der Stadt Passau stelle ich mir nicht leicht vor. Geldmangel hinten und vorne und dazu ein Stadtratsgremium, das oft gegen die eigenen Überzeugungen agiert. Herr Maidl und sein Team leisten trotzdem hervorragende Arbeit. Ich erwähne das deshalb, weil Herr Maidl heute seinen letzten Haushalt aufgestellt hat und ich ihm für seine Arbeit im Namen meiner Fraktion danken will. Zum Abschied hat er übrigens noch etwas sehr Gutes auf den Weg gebracht: Ab sofort haben wir bei der Stadt für unsere 150 Mio. € Schulden ein professionelles Schuldenmanagement von aussen engagiert. Ich erwarte mir davon eine Zinsentlastung im sechs-stelligen Bereich pro Jahr.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen:Das Haushaltsjahr 2005 ist aus einem bestimmten Grund besonders erwähnenswert. Die Stadt Passau erreichte das höchste GewSt-Aufkommen in ihrer Geschichte. Es handelt sich um 27 Mio. €, das sind 8 Mio. € mehr als veranschlagt worden war. Dieser warme Geldregen von zusätzlich 8 Mio.€ wurde etwa zur Hälfte den Rücklagen zugeführt und die andere Hälfte ist praktisch im Haushalt irgendwie verschwunden. Wenn nicht jetzt – wann dann werden eigentlich die Schulden der Stadt von uns abgebaut?

Die Zinsbelastung von unverändert 8,6 Mio. € pro Jahr ersticken uns. Das bedeutet, dass wir täglich Zinsen i.H.v. 23.500,– € zu zahlen haben. Wenn wir die Schulden der GGP und der Event hinzurechnen, dann zahlen wir täglich weit über 30.000,– € Schuldzinsen! Hier und genau hier, wird die Stadtentwicklung abgewürgt. Genau hier müssen wir ansetzen und planmäßig nach unten kommen. Was im Bund und in jeder Familie gilt, das gilt auch hier: Man kann auf Dauer nicht mehr ausgeben als man einnimmt. Konkret heisst das: Es gibt ab jetzt keine zusätzlichen freiwilligen Leistungen mehr, wenn diese nur über Darlehen zu finanzieren sind. Als Beispiel sei hier nur das Büchergeld erwähnt. Dieser Grundsatz muss auch für das ganze Konzern Stadt Passau gelten.

In Zeiten sprudelnder Steuereinnahmen planen wir für das Jahr 2006 eine Nettoneuverschuldung von ca. 5,7 Mio. €. Das ist genau das Gegenteil von dem, was die Regierung bei der letzten Haushaltsgenehmigung uns aufgetragen hat. Die Planungen bis 2010 lassen leider keine Besserung erkennen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen:Wie soll das weitergehen?Ich lade Sie deshalb auf eine kurze finanzpolitische Geisterfahrt in die Haushaltsabgründe der Stadt Passau ein.

Gleich am Anfang steht das Gespenst der §§ 22 und 23 der KommHV. Dieses Gespenst der gesetzlichen Mindestzuführung will keiner mehr sehen, weil es jedes Jahr dasteht und man sich sozusagen schon daran gewöhnt hat. Es handelt sich aber um ein zentrales Haushaltsgesetz, die Mindestzuführung vom Verwaltungs- in den Vermögenshaushalt. Sie müsste 2006 6,2 Mio. € betragen und leider erreichen wir nur 2,8 Mio. €. Das bedeutet, wir erreichen das vorgeschriebene Ziel bei weitem nicht. Es fehlen uns 3,4 Mio. €. Meine Frage ist : Stört es hier im Saal, ausser ein paar Grünen, irgend jemanden, dass die Haushaltsgesetze nicht eingehalten werden?

Gleich danach taucht so eine Art Vampir auf. Es handelt sich um die Event-GmbH, deren Gelddurst scheinbar nicht zu stillen ist. Im Haushalt werden deshalb 1,6 Mio. € als Geldzuführung für das Jahr 2006 eingestellt. Und weil das bei weitem nicht reicht, gibt die Stadt gleich noch eine Bürgschaft i.H.v. 6,7 Mio. € hinterher. Da stellt sich doch für jeden die Frage: Für was brauchen wir eigentlich diese geldsaugende GmbH? Um diesen Erklärungsnöten auszuweichen, sollen wohl in Zukunft noch mehr Kultur- und Tourismusaufgaben von der Stadt auf die Event übertragen werden. Selbstverständlich werden dann auch die entsprechenden Etats dieser Einrichtungen an die Event mitübergeben und plötzlich hat die Event eine schöne Aufgabe und vor allem wieder Geld. Diese Privatisierung der Kultur und des Tourismus macht finanziell keinen Sinn.

Noch viel weniger aber kommt dieses Vorhaben der Kulturarbeit in Passau zu Gute. Kultur, so wie wir sie verstehen, muss kleinzellig und vielschichtig sein. Jede Zentralisation, noch dazu in einer privatrechtlichen GmbH, schadet dem bis heute hervorragenden Kulturstandort Passau. Die Event-GmbH, die jedes Jahr große Verluste hat, braucht keine Geschäftserweiterung, sondern dringend einen Sanierungsplan. Sie ist nach unserer Meinung ein typisches Beispiel für die vielen traurigen Fälle, bei denen sich die sogenannte Privatisierung staatlicher und städtischer Einrichtungen als teuerer Flop herausgestellt hat.

Damit kommen wir auch schon zu den nächsten Gespenstern: Dem Hl. Geist-Spital und der GGP. Das Hl. Geist-Spital wird von allen hier im Saal wohl als ein Finanzgespenst gesehen. Obwoh die finanziellen Probleme sich seit vielen Jahren abzeichnen, wurde bisher, außer einem Verpachtungsversuch, nur eine Minireform des Hauses auf den Weg gebracht. Man wartet auch in diesem Fall mit der Problemlösung so lange, bis es fünf vor zwölf ist, um dann unter Zeitdruck und ohne großen Handlungsspielraum noch irgendwie aus der Sache heraus zu kommen. Voraus schauende Finanzpolitk sieht anders aus.

Die GGP aber sieht die CSU-Fraktion und der Herr OB nicht als ein Finanzgespenst. Das ist deshalb bemerkenswert, weil nach der Definition unseres OB beide Unternehmen, also das Hl. Geist-Spital und die GGP eigentlich kerngesund sind. Beide haben Vermögen – das Dumme ist nur, beide haben kein Geld. Also noch einmal: Der Spruch des Jahres von Herrn OB lautet:“ Die GGP ist ein kerngesundes Unternehmen“. Nach Meinung der CSU ist also ein Unternehmen dann kerngesund, wenn es gerade Gefahr läuft, demnächst die Löhne nicht mehr auszahlen zu können oder eine Eigenkapitalquote von 5 % hat. Sehr geehrte Damen und Herren von der CSU, diese Aussage kann doch nicht Ihr Ernst sein. Sie wissen das natürlich und deshalb wird krampfhaft nach einem Ausweg gesucht. Wie immer wird der einfachste Weg gegangen und das soll in diesem Fall die Fusion einer kranken Firma mit einer tatsächlich kerngesunden Firma, der WAP, sein.

Sarkastisch könnte man jetzt sagen, das hat die WAP nun davon, dass sie in der Vergangenheit gut gewirtschaftet hat. Aber auch hier fehlt die Ehrlichkeit. Es wird von Synergien und einem besseren Rating gesprochen und jeder weiß, es geht vor allem um die laufenden Einnahmen, die Rücklagen und die Sicherheiten der WAP.

Im Hintergrund, kurz vor dem Ende der finanzpolitischen Geisterfahrt durch den Haushalt der Stadt Passau baut sich gerade ein neues Gespenst auf. Es trägt den Namen Stadtwerke Passau und es wird uns in wenigen Jahren fürchterlich erschrecken. Eine grosse Geldreserve, angespart von den früheren Geschäftsführern Pohmann und Knon, ist so gut wie verbraucht. Wie könnte es auch anders sein, wenn die Stadtwerke ein Parkhaus bauen, ein Parkhaus aufstocken, ein neues Freibad und ein neues Luxushallenbad errichten, die Donaulände ausbauen und nebenbei noch eine neue Schiffsanlegestelle und einen neuen Omnibusbahnhof errichten. Weil das alles noch nicht reicht, wird auch noch dies und das gesponsert und ein Werbeaufwand betrieben, der seinesgleich sucht.

Nur in einem Punkt wird Herr Weindler sparsam und zwar wenn es um die Fahrtakte der Omnibusse geht. Hier wurde im Jahr 2005 den Bürgerinnen und Bürgern bereits mehr als genug zugemutet und deshalb erteilen wir als Fraktion der Grünen weiteren Einsparungen in diesem Bereich, wie sie bereits für 2006 angedacht sind, eine klare Absage. Also, das operative Geschäft der Stadtwerke ist ein Minusgeschäft. Ich male hier kein Gespenst an die Wand, wenn ich behaupte, dass die Stadtwerke auf dem besten Wege sind, zu einem Problemfall zu werden.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen:Wo ist nun das Poitive in diesem Haushalt 2006 zu finden? Wenn es positiv ist, dass die Nettoneuverschuldung niedriger ist als im Jahr 2005 und dass die Schulden weniger stark steigen als in der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehen war, so kann man das nach außen so darstellen. In Wirklichkeit stimmt diese Betrachtungsweise natürlich nicht. Wir müssen denGesamtkonzern betrachten und hier fehlt nach wie vor eine Gesamtaufstellung. Sie würde jede Schönfärberei und Gesundbeterei als solche schnell entlarven. Die finanzielle Talfahrt vor allem bei den städtischen Töchtern setzt sich fort. Wie lange, Herr OB, wollen Sie noch diesen Geschäftsführern zuschauen, welche ihre eigene Verantwortung weitgehend ablehnen und in allem die Schuldigen in der Politik und damit in erster Linie bei Ihnen ausmachen? Nirgends ist ein konkretes Sanierungsprogramm bei den Tochterunternehmen erkennbar, das diesen Namen verdient.

Wir sind deshalb für eine Verschlankung und zugleich eine Aufwertung der städtischen Institutionen. Die Frage muss für die Zukunft lauten: Was kann die Stadt als Muttergesellschaft selbst erledigen? Diese Aufgaben gilt es von den Tochtergesellschaften zurück zu holen. Nur so besteht nach unserer Auffassung die Möglichkeit den Deckel der Finanzierbarkeit einigermaßen darüber zu halten. Dieser Ansatz fehlt in der Haushaltsplanung 2006 vollständig.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen:Zusammenfassend stellen wir fest: Dieser Haushalt verletzt geltendes Haushaltsrecht. Er führt den städtischen Tocherunternehmen frisches Geld zu, ohne dass uns diese in absehbarer Zeit nicht weiter auf der Tasche liegen. Als Opferlamm auf dem Altar der Großmannssucht soll die WAP geschlachtet werden. Die Gesamtausrichtung der städtischen Fiananzen stimmt nicht.

Die Fraktion der Grünen stimmt aus diesen Gründen dem vorgelegten Haushalt 2006 nicht zu. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. 

Karl Synek