Haushaltsrede 2005


am 17.01.2005
Karl Synek für die Fraktion Bündnis 90/die Grünen im Passauer Stadtrat

Bevor ich auf den Haushaltsplan des Jahres 2005 eingehen werde, gestatten Sie mir bitte, dass ich noch einige Bemerkungen zum Haushaltsjahr 2004 mache. Zugleich verspreche ich Ihnen, dass in meinem Vortrag keine Zahlen unter 1 Mio. € vorkommen werden.

Auffällig ist im Jahre 2004, dass bei den meisten strittigen Entscheidungen das Geld die wichtigste Rolle spielte. Speziell unser OB vermittelte dabei oft den Eindruck, den wirtschaftlichen Aspekt zum Selbstzweck zu erheben. Die Notwendigkeit sparsam zu haushalten stelle ich dabei selbstverständlich nicht in Frage.

Fest steht aber auch, dass viele Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge keine handelbare Ware sein dürfen. Bei der von Herrn OB geplanten Privatisierung der Altenheime wurde nicht ein einziges Mal die Frage erörtert, ob es dann unseren alten Mitbürgerinnen und Mitbürgern durch die beabsichtigte Verpachtung besser gehen wird, sondern es wurde ausschließlich über die Wirtschaftlichkeit der Heime diskutiert. Wer bitte schön, hat je die Wirtschaftlichkeit des neuen Straßentunnels für das ECE-Center durchgerechnet? Wo sind die Berechnungen der Folgekosten für die neuen Straßenbaumaßnahmen? Was ist das für eine Sparpolitik bei der sich alte Menschen rentieren müssen und niemand nach der Rentabilität von Beton frägt?

Diese Sparpolitik trifft vor allem die, die sich nicht so gut wehren können. Die Ausgliederung von Niedriglohnbereichen in neu gegründete Beschäftigungs-GmbH’s ist heut zu Tage leider üblich und wird auch bei den städtischen Tocherunternehmen betrieben. Wer ein um 15 % oder 20 % niedrigeres Gehalt nicht akzeptiert, hat eben selber schuld. Es gibt genügend Busfahrer, Reinigungskräfte, Altenpflegerinnen usw. die auch um weniger Geld arbeiten. Eines wird dabei aber völlig übersehen. Es gibt auch genügend Direktoren und Geschäftsführer auf dem Arbeitsmarkt, die um weniger Geld gerne arbeiten würden. Eine Herabstufung oder Gehaltskürzung für diese Spitzenverdiener ist jedoch wesentlich schwieriger und sie wird deshalb weder angedacht noch gar vollzogen.. Diese Politik ist ungerecht, unsolidarisch und demotivierend für die Betroffenen.

Ein weiteres Beispiel für den falschen Ansatz ist die im Augenblick geplante Zusammenlegung von Tourismus, Stadtmarketing, Kultur und was weiß ich noch alles. Auch hier scheint das Sparen oberstes Ziel zu sein und nicht eine nachhaltige Strukturverbesserung für die einzelnen Institutionen. Anders kann ich mir die Geheimniskrämerei von seiten des OB in dieser Angelegenheit nicht erklären.

Dieses Ausklüngeln von Entscheidungen zieht sich im übrigen wie ein roter Faden durch das Jahr 2004. Das ist der Führungsstil unter dem nicht nur die sogenannte Opposition zu leiden hat, sondern unter dem auch alle Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt leiden. Mangelndes Demokratieverständnis, Misstrauen und Gesprächsverweigerung sind das neue Leitbild dieser Stadtregierung.

Den Rückblick auf das Jahr 2004 kann ich nicht beenden, ohne ein paar Sätze zur Neuen Mitte zu sagen. Wie Sie wissen, ist meine Fraktion der Ansicht, dass die getroffene Entscheidung falsch ist. Ohne nach zu tarocken möchte ich darauf hinweisen, dass sich seit Beginn der Planungen die Zeiten geändert haben . Was 1995 richtig war, muss 2010 nicht mehr richtig sein. Denken Sie nur an die in wenigen Jahren sinkenden Studentenzahlen und an die allgemeine demographische Entwicklung. Dezentrale Konzepte, also kleinteilige Stadtteilversorgung, das ist die Zukunft und so planen bereits jetzt die ersten Städte.

Einen wesentlichen Teil des städtischen Haushalts 2005 und den folgenden Haushaltsjahren bestimmt die Entscheidung für die Neue große Mitte. In diesem Zusammenhang erlaube ich mir noch einmal darauf hinzuweisen, dass es in einem Haushalt nicht nur um das richtige Sparen, sondern auch um das richtige Einnehmen geht. Der Spruch: „Die Stadt kauft teuer und verkauft billig“, stammt nicht von mir und um diesen als falsch zu entlarven, hat man in der Verwaltung die sogenannte Mischpreiskalkulation erfunden. Ich will das hier nicht näher kommentieren, nur so viel: Ich habe i.d.Z. ein wenig Angst um die städtische GGP. Denn wenn ich die Vorratsgrundstücke der GGP, die bisher als vollwertiges Bauland zu Buche stehen nach dem Mischpreisverfahren bewerte – dann gute Nacht GGP. Wie viel tatsächliches Bauland zu den üblichen Baulandpreisen bleibt noch übrig, wenn Vorgärten, Garagenzufahrten und Hinterhöfe mit einem Bruchteil der bisherigen Werte veranschlagt werden?

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir besprechen zwar heute den städtischen Haushaltsplan 2005, aber ganz entscheidend dabei ist, dass wir in unserer Funktion als Gesellschafterversammlung unser Augenmerk auch und vor allem auf die städt. Tochterunternehmen legen. Hier sind es wiederum vor allem die Event und die GGP – GmbH, die in die Gesamtbetrachtung mit einzubeziehen sind. Ich will jetzt absichtlich nicht schwarz malen und deshalb nur anmerken, dass die Betriebsergebnisse ohne den Verkäufen bie der Neuen Mitte, zur Sorge Anlass geben. Das heißt, wir müssen die zukünftige Geschäftsentwicklung genau im Auge behalten. Es stellen sich deshalb ein paar Fragen:

Hat die GGP ihren Geschäftszweck, nämlich die Vermarktung von Kohlbruck und Neuer Mitte, in der Hauptsache bereits erledigt?

Ist eine Wiedereingliederung in das städt. Liegenschaftsamt nicht die kostengünstigere Variante bei einem Betriebsaufwand von immerhin ca. 2 Mio €.

Werden die Risiken der künftigen Entwicklung ausreichend dargestellt? Hier wäre es hilfreich, wenn in Zukunft nach dem „Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich“ verfahren würde.

Welche Ziele streben die städtischen Tochterunternehmen langfristig an und wie wird darauf hingearbeitet?

Zusammenfassend kann man sagen, dass mehr Transparenz der GmbH’s nach innen und nach außen dringend erforderlich ist. Die Fraktion der Grünen wird heuer diesbezüglich Anträge in den entsprechenden Aufsichtsratsgremien einreichen und wir fordern alle Kolleginnen und Kollegen schon hier zur Zusammenarbeit auf. Unser Ziel muss es sein, eine überschaubare Entwicklung bei den städtischen GmbH’s zu gewährleisten.

Der abgeschlossene Haushalt 2004 und der heute vorgelegte Haushalt 2005 sind ja nach Aussage unseres OB überraschend gut. Die nichtrentierliche Neuverschuldung geht gegen -0-, aber ist das wirklich Grund genug sich selbst auf die Schulter zu klopfen? Bevor der Jubel zu groß wird, erlaube ich mir ein paar harte Fakten zu nennen:

Es gibt zwei wichtige Parameter, die mehr über die leider desolate Finanzlage dieser Stadt aussagen, als alle anderen:

Zum ersten handelt es sich um die sogenannte „freie Finanzspanne“. Sie ist das im Haushalt verbleibende Geldvermögen, das für Investitionen, für einen neuen Schuldendienst und für Personal- und Sachausgaben zur Verfügung steht. Diese freie Finanzspanne beträgt in der Stadt Passau für das Jahr 2005 nicht einmal -0- €, nein, sie beträgt sogar minus 4,2 Mio. €.

Das zweite Parameter ist die gesetzlich vorgeschriebene Mindestzuführung zum Vermögenshaushalt. Sie müsste eigentlich 6,2 Mio. € betragen. Im Haushalt steht aber nur weniger als die Hälfte für diese Zwecke bereit. Solange wir hier nicht die Mindestvoraussetzungen erfüllen, gibt es keinen Grund den Haushalt schön zu reden. Die etwas bessere Finanzlage im Vergleich zum Vorjahr hat ein wenig mit der besseren Haushaltsführung und viel mit Zufall zu tun. Unerwartete Steuernach-zahlungen und höhere Schlüsselzuweisungen sind deshalb eher mit einem Platzregen in der Wüste, als mit einem Landregen auf ein fruchtbares Feld zu vergleichen.

Mit der Verabschiedung dieses Haushalts werden zugleich die Weichen für die finanzielle Zukunft in dieser Stadt gestellt. Im Sommer hat bereits die Regierung der Stadt mitgeteilt, dass die Investitionen i.Z.m. der Neuen Mitte nicht tragbar sind. Diesem Urteil schließt sich die Fraktion der Grünen voll inhaltlich an. Die Verpflichtungsermächtigungen steigen von 2004 auf 2005 um weitere 3,6 Mio. € an und die bereits jetzt geplanten neuen Schulden bis zum Jahr 2010 erhöhen den Schuldenstand um weitere 30 Mio. €. Wir lehnen deshalb und wegen der verfehlten Sparpolitik den Haushaltsplan 2005 ab und fordern Sie auf, gleiches zu tun.

Karl Synek

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