Hallitzky: Als Polit-Rentner zum Nordkap

Eike Hallitzky, ehemaliger Landesvorsitzender, © Simona Kehl

Sechsjährige Amtszeit des Grünen-Landeschefs endet – Er plant eine große Radtour

Eike Hallitzkys nächstes großes Ziel ist rund 14000 Kilometer lang. Mit dem Rad will der Noch-Grünen-Landeschef im kommenden Jahr von seiner Heimat in Neuburg am Inn (Lkr. Passau) ans Nordkap fahren. „Allerdings habe ich ein E-Bike, also ist das eher wie Taxifahren im Vergleich zum normalen Radfahren“, sagt der gebürtige Kölner, der am 13. April seinen 62. Geburtstag feiert. 1978 hatte es Hallitzky fürs Studium vom Rhein nach Passau verschlagen.

Vier Tage nach seinem Geburtstag ist es dann soweit: Auf dem Online-Parteitag der bayerischen Grünen endet Hallitzkys sechsjährige Zeit als Co-Chef des 1979 gegründeten Landesverbandes, der sich längst zur größten politischen Konkurrenz der CSU gemausert hat. Nicht nur im Landtag, auch bei der Kommunalwahl im vergangenen Jahr konnten die Grünen die Zahl ihrer Mandate massiv ausbauen.

Eigentlich hatte Hallitzky sein Amt schon im vergangenen Oktober abgeben wollen, weils „Zeit für jemand Neues“ ist, wie er sagt. Er selbst nennt es „der Weg ist das Ziel“ und genau dieser hätte eigentlich schon in diesem Jahr starten sollen. Vier Monate plant Hallitzky dafür ein, viel Zeit zum Nachdenken und für einen Schlussstrich unter den bisherigen Lebensabschnitt. „Ich will nicht möglichst schnell wieder zurück sein, sondern ich will in ein völlig neues Leben Abstand gewinnen“, sagt er.

Was er künftig machen will, weiß oder sagt Hallitzky noch nicht, nur so viel ist sicher: kein Buch schreiben und auch kein politischer Berater werden. „Das sind Dinge, die man macht, wenn man entweder was Super-Herausragendes gemacht hat wie Kanzlerin Angela Merkel (CDU) oder wenn du das Gefühl hast, du kannst nicht loslassen.“

Dass er nun aber anders als geplant im Frühjahr 2021 nicht auf dem Sattel gen Norden sitzt, sondern noch den Umzug der Geschäftsstelle der Grünen vom Sendlinger Tor in ein modernes 1600-Quadratmeter-Büro im Münchner Stadtteil Au organisieren muss, hat nur einen Grund: Corona. Um dem Infektionsschutz Rechnung zu tragen, mussten auch die Grünen im vergangenen Jahr ihren Parteitag verschieben.

Und auch beim nun fest geplanten Online-Parteitag muss Hallitzky auf seinen Applaus verzichten. In der Halle in Augsburg steht dann zwar eine Bühne, aber außer den Kandidaten für seine Nachfolge sowie die Landesliste der Grünen für die Bundestagswahl wird die Halle leer bleiben. Bislang gibt es zwei Kandidaten, die Hallitzky beerben wollen: Der Ebersberger Thomas von Sarnowski und der in Perlesreut (Lkr. Freyung-Grafenau) lebende Hans Jürgen Hödl. Der Miesbacher Landrat Wolfgang Rzehak hatte seine Bewerbung dagegen schon vor einiger Zeit wieder zurückgezogen.

Wer auch immer Hallitzky beerbt und dann künftig gemeinsam mit der Landtagsabgeordneten Eva Lettenbauer den Landesverband anführt, er oder sie kann nicht nur auf die neue Parteizentrale zurückgreifen. Auch sonst ist die Lage gut: Wachsende Mitgliederzahlen, gute Umfragewerte – keine Skandale, die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Bundestagswahlkampf könnten besser kaum sein. Längst hätten die Grünen ihren früheren Protesthabitus hinter sich gelassen und in einen Gestaltungsanspruch umgewandelt. „Dann ist der Sprung zur Regierung nicht mehr so groß“, betont Hallitzky.

Dass die Grünen nach der Wahl am 26. September im Bund Teil der neuen Bundesregierung werden, dafür wolle er im Wahlkampf mit kämpfen, sagt Hallitzky. Dass er dann nicht mehr als Landeschef Teil des neuen Erfolgs sei, gräme ihn aber nicht. „Ich habe mein Erfolgserlebnis ja gehabt. Nach der Landtagswahl 2018 in Bayern“, sagt er und man spürt, dass er mit sich im Reinen ist. Natürlich werde spätestens am Parteitag auch Wehmut dazukommen, „aber das ist doch menschlich“.

Seinem Nachfolger ins Stammbuch schreiben will der „Zeit-meines Lebens-Oppositionspolitiker“ Hallitzky nichts. „Das wird schon werden“, sagt er. Nur so viel: Dass die Grünen derzeit so stark seien, liege an der Fokussierung auf politische Inhalte. Und: Wer erfolgreich Politik machen wolle, müsse die Menschen überzeugen und dazu beitragen, dass die Partei so geschlossen bleibe wie im Moment.

„Das ist eine Herausforderung, die du als Landesvorsitzender hast“, sagt Hallitzky. Um diese zu erhalten, müssten auch unterschiedliche Meinungen, „politische Ecken und Kanten“ ganz bewusst zugelassen werden. „Es geht ja nicht darum, Ideologien durchzusetzen, sondern um vernünftige Lösungen, etwa um die Gesellschaft zusammenzuhalten und um Klimaschutz zu machen.“

Genau hier wird auch in der Partei Hallitzkys größter Verdienst als Landeschef gesehen. „Er hat die Partei nach der Wahl 2013, als wir kein so gutes Ergebnis hatten, in ein ruhiges Fahrwasser geführt und neu gestaltet“, sagt Landtagsfraktionschef Ludwig Hartmann. Die Grünen verfolgten dank Hallitzky den Ansatz, nicht mehr im Sinne einer Protestbewegung zu agieren, sondern wollten bessere Lösungen für Probleme liefern. Dies sei ein Grund, weshalb die Grünen dann 2018 bei der Landtagswahl ihr Rekord-Ergebnis einfahren konnten.

Dabei seien die Grünen noch immer keine Volkspartei, die umsetze, was eine große gesellschaftliche Gruppe sich wünsche, sagt Hallitzky. Der grüne Ansatz komme vom Inhalt und habe zum Ziel, die Menschen für die Umsetzung zu gewinnen. Sobald diese dann in einer Regierung erfolge, sei Ehrlichkeit unverzichtbar und dazu gehöre Kompromissbereitschaft, Bündnis-Loyalität aber auch die klare Aussage, an welcher Stelle man sich in einer Koalition nicht habe durchsetzen können und einen Kompromiss mittragen müsse. „Politik muss ehrlicher werden.“

Quelle: Passauer Neue Presse vom 08.04.2021
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