Schutz vor Datenmissbrauch

Wo es in Passau Überwachung gibt, zeigte Claus Schönleber (Mitte) beim Datenschutzspaziergang auf. Mit dabei: Kreisrätin Halo Saibold und Heinz Menzel von den Grünen. -Foto: Wildfeuer

Stadtrundgang zeigt Überwachung auf und sensibilisiert für Freiheitsrechte

Kameras im Klostergarten, in Autos und Parkautomaten, Handys mit Standortermittlung in der Tasche, RFID-Tag in der Kleidung – die Bürger hinterlassen viele Datenspuren. Unter dem Motto „Was wir alle zu verbergen haben“ führte Claus Schönleber eine kleine Gruppe von Bürgern, darunter Kreisrätin Halo Saibold, bei einem Datenschutzspaziergang durch die Neue Mitte und Fußgängerzone, um über korrekte und illegale Überwachung und den Datenschutz zu diskutieren.
Schönleber verdeutlichte, wo es in Passau Überwachung gibt und woran sie zu erkennen ist. Der Datenschutzspaziergang regte an, über die Argumente zu diskutieren, die für eine Überwachung sprechen, zum Beispiel die Erhöhung der Sicherheit der Menschen, aber auch über gute Gründe, die gegen eine Aufzeichnung sprechen, weil sie Freiheitsrechte einschränkt. Ein weiteres Thema war die Frage, wem die Daten gehören, wofür sie verwendet werden und ob sie missbraucht werden können.
Schönleber kritisierte am Treffpunkt an der Cagnes-sur-Mer-Promenade die Kamera-Überwachung im Klostergarten, die Teil des Innenstadtsicherheitskonzepts ist. Es werde ständig gefilmt. Die Aufnahmen würden 72 Stunden gespeichert. Grund dafür sei nach den Worten von OB Jürgen Dupper die Stärkung des Sicherheitsgefühls der Bürger. Die Sicherheit sei der Polizei zufolge im Klostergarten aber nicht gefährdet. Er verwies auf Artikel 2 des Grundgesetzes, der die Entfaltung der Persönlichkeit garantiert. Diese sehe er angesichts der Aufzeichnungen gefährdet. Während des Wochenmarkts müssten die Kameras abgeschaltet werden. Bei Demos seien sie zudem zu verhüllen. Die Beschriftung des Schilds an einem Pfosten, die wesentlich kleiner als der Hinweis auf den nicht geleisteten Winter-Räumdienst ist, verweise auf die Überwachung.
Ein Risikogebiet sei der ZOB, sagte Schönleber. Kameras schreckten jedoch nicht ab. Dies zeigten die beiden schweren Taten, die kürzlich innerhalb der Kamerazone am ZOB geschahen. Manche Täter suchten diese sogar. Er verwies auf Kameras, die private Gebäude, Restaurants und Geschäfte sichern. Ein Hinweis an der Restaurant- oder Ladentür sei notwendig. Private Kameras dürften den öffentlichen Raum nicht filmen. „Ich habe nichts zu verbergen“, diese Aussage sei ein Trugschluss, sagte Schönleber. Dies zeige allein der Kreditkarten-PIN, den niemand veröffentlichen würde. Es gehe darum, wer die Daten speichert und schützt und wer Zugriff darauf hat. Am Beispiel Chinas erläuterte er, dass dort Kameras mit Gesichtserkennung und „Social Score“ eingesetzt werden. Die Bürger würden nicht nur beobachtet sondern bewertet, mit Hilfe einer bestimmten Software werde ein Profil erzeugt, das nicht nur kennzeichnet, ob ein Verhalten der Norm entspricht oder nicht, sondern auch Schlüsse darüber zulässt, wie sich die Person bewegt.
Kameras entdeckten die Daten-Spaziergeher auch an Parkautomaten oder in neuen Autos mit Sicherheitsassistenz-Systemen nach innen und außen. Strittig seien „Dash-Cams“, deren Betrieb nicht erlaubt ist, die jedoch bei Unfällen als Beweismittel zum Einsatz kommen können. „Je länger ich Leute beobachte, umso besser kann ich ihr Verhalten vorhersagen“, sagte Schönleber. Mit Hilfe des Handys lasse sich ein Bewegungsprofil erstellen, über die Kontokarte könne man ersehen, was und wie jemand bezahlt.
Die digitalen Möglichkeiten seien auch positiv, räumte Schönleber ein. Elektronische Busfahrkarten in Berlin oder Venedig enthielten einen Radio-Frequency-Identification-Tag (RFID), um nicht nur bequem bezahlen zu können, sondern anhand der Bewegungsprofile auch zu sehen, wer an welcher Station aussteigt, um das ÖPNV-Angebot zu verbessern. Auch die Passauer Stadtwerke planten eine elektronische Fahrkarte. Mit Hilfe von subkutanen Chips sei es möglich, etwa in Bars ohne Bargeld zu zahlen. RFID-Tags würden auch in Kleidung, deren Verpackung oder Wäscheetiketten eingearbeitet, um die Lagerlogistik zu erleichtern. Sie müssten nach dem Kauf deaktiviert werden, forderte Saibold.
„Überwachungsmaßnahmen manipulieren meine Entfaltungsfreiheit, die das Grundgesetz garantiert“, resümierte Schönleber. Sie schränkten die Bewegungsfreiheit und freie Wahl des Aufenthaltsorts ein, wenn man nicht gefilmt werden will. Es gebe gute Gründe für Kameras, die nur in einem deutlich umgrenzten Umfang einzusetzen sind. Die Daten seien vor dem Missbrauch durch Dritte zu schützen. Es sei eine gesellschaftliche Debatte darüber zu führen, wer wann was wo wie überwacht.

Quelle: Passauer Neue Presse vom 28.11.2019
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