Pflegeschüler sollen mehr Lobby-Arbeit betreiben

Über die teils prekäre Situation im Pflegeberuf und -alltag diskutierten (v.l.) BAP-Pflegeschulleiter Joachim Berga, BAP-Geschäftsführerin Barbara Brauckmann, Grünen-MdL Andreas Krahl, OB-Kandidatin Stefanie Auer und der Kreisvorsitzende des Grünen-Stadtverbands Passau, Matthias Weigl. -Foto: Brunner

Bei Informationsbesuch von MdL Andreas Krahl wird Ruf nach Schaffung einer Pflegekammer erneut laut

Sich den einschlägigen Gewerkschaften anzuschließen, um gemeinsam eine effektive Lobby-Arbeit für den Berufsstand zu betreiben, dazu hat MdL Andreas Kahl, pflegepolitischer Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Pflegeschüler an der Berufsakademie Passau gGmbH (BAP) bei einem Informationsbesuch aufgerufen. Es könne nicht sein, dass in einem hochprofessionellen Beruf mit dreijähriger Ausbildung auf Mindestlohn-Niveau bezahlt werde. „Das Thema Pflegekammer wird in Bayern gnadenlos totgeschwiegen“, bekundete der Politiker, selbst ausgebildeter Fachkrankenpfleger und als solcher vor seiner Wahl 2018 an einer Unfallklinik aktiv gewesen.
„Ich habe wirklich an der Front gekämpft“, gab der gebürtige Freyunger vor einer 24-köpfigen Klasse im zweiten Ausbildungsjahr zu bedenken, um seine Berufserfahrung zu untermauern. Zur Frage nach längst überfälligen Statuten für eine einheitliche Bezahlung der Pflegekräfte erklärte der Grüne: „Wir fordern einen Flächentarifvertrag für Deutschland.“ Er sei gerade im Hinblick auf die Generalistik in der Pflege, die seit dem 1. Januar 2020 greifende Neuregelung einer gemeinsamen Ausbildung in Kranken-, Kinderkranken- und Altenpflege, unerlässlich.
Angesichts des Organisationsgrads von null Prozent in der besuchten Klasse an der BAP legte Krahl den Altenpflegern und -pflegerinnen in spe ans Herz, aktiv zu werden und nicht zu warten, bis die Politik von sich aus „die Pflege rettet“. Schließlich müssten sich Mitglieder des Berufsstandes selbst um die Darstellung ihres Berufsfelds in der Öffentlichkeit kümmern. Krahls Appell: So auftreten, dass man wahrgenommen und ernstgenommen wird als professionelle Berufsgruppe, „die genau weiß, was wann wo zu tun ist.“
Um einer Kritikerin am nach wie vor negativen Image des Pflegeberufs einen Motivationsschub zu geben, lud Krahl sie spontan zu einem Besuch im Landtag ein, damit dort die Probleme an der richtigen Adresse zur Sprache gebracht werden können. Schulleiter Joachim Berga schlug vor, doch lieber gleich mit der ganzen Klasse nach München zu fahren, um den Anliegen Nachdruck zu verleihen.

„Es ist ein wirklich schöner Beruf, er gibt sehr viel zurück und ist extrem wichtig“, bekundete eine Kursteilnehmerin, die aber auch unverblümt die Problematik ansprach, in der breiten Bevölkerung und sogar beim eigenen Nachwuchs zu Hause auf die Körperpflege von Heimbewohnern und Patienten reduziert zu werden. „Wir brauchen eine andere gesellschaftliche Wahrnehmung des Berufs“, konterte der Grünen-Politiker sofort. Der Staat müsse zudem endlich begreifen, dass Pflege eine Aufgabe der Daseinsvorsorge sei und er sich um eine Grundversorgung kümmern müsse, wobei die Wirtschaftlichkeit eine untergeordnete Rolle spielen müsse. Es könne nicht angehen, dass in einem Pflegeheim ein einziger Pflegehelfer und ein Auszubildender sich um 18 Pflegebedürftige unterschiedlichster Pflegegrade kümmern müssten, hieß es.
Auch an der Tatsache, dass Pflege immer noch als klassischer Frauenberuf gilt und daher unterbezahlt ist, wie von BAP-Schülern moniert, rüttelte Krahl energisch. „Das liegt ganz stark am Frauenbild in unserer Gesellschaft“, bedauerte der Abgeordnete und wunderte sich umso mehr darüber, dass ausgerechnet Frauen in dieser vermeintlichen Frauendomäne gegenüber männlichen Kollegen benachteiligt würden. Der Widerstand dagegen, so Krahl, „muss von uns kommen“ – also aus der betroffenen Berufsgruppe. Das Fazit des Grünen-Experten: „Die Politik kann und muss extrem viel machen.“
Dass von dieser Seite auch etwas Positives geschieht, bestätigte BAP-Geschäftsführerin Barbara Brauckmann. Als Beispiel nannte sie die sogenannte Vorklasse für Pflegeberufe, die ihrer Aussage nach wunderbar funktioniert – auch für Migranten. Entscheidend sei allerdings, dieses Angebot, auch bei der Akquise ausländischer Kräfte, als Gesundheitsregion zu koordinieren. Hier erkannte Andreas Krahl gleich eine Aufgabe für Stefanie Auer, Oberbürgermeister-Kandidatin der Grünen in Passau, für den Fall ihres Sieges bei der Kommunalwahl am 15. März. Denn im Gegensatz zum Landkreis kann die Stadt bislang nicht den Titel „Gesundheitsregion plus“ vorweisen.

Quelle: Passauer Neue Presse vom 27.01.2020
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