Haushaltsrede 2007

Haushaltsrede 2007 am 04.12.06

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Zankl,
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

In meiner Rede zum Haushalt 2007 gehe ich auf einige Schlagwörter ein, welche die Diskussion in diesem Jahr bestimmt haben und die auch im Jahr 2007 eine Rolle spielen werden. Es handelt sich dabei um so unterschiedliche Begriffe wie: Fundamentalopposition, Stadtentwicklung, Ideologie, ausgeglichener Haushalt, Sale and Lease Back – Verfahren, Konzerthaus, Geheimnisverrat, Kultur und „Null € neue Schulden“.

Zu aller erst: Die Behauptung „Null € neue Schulden im Haushalt 2007“ ist falsch. Tatsächlich sind im Haushalt 2.881.000,–€ neue Schulden eingeplant, so dass der Schuldenstand 2007 auf voraussichtlich 161,6 Mio € ansteigt. Aus Imagegründen werden Schulden gerne in sogeanannte unrentierliche und rentierliche Schulden aufgeteilt. Rentierlichen Schulden stehen praktisch Forderungen gegenüber und sie sind deshalb nach dem Verständnis einiger Leute keine richtigen Schulden. Bei dieser Betrachtungsweise wird gerne auf das Wesen der Kameralistik im Kommunalhaushalt verzichtet, weil der Haushalt dann eben besser aussieht. Wenn man allerdings zukünftige Gebühreneinnahmen als Argument einer quasi Nichtverschuldung ansetzt, so muss man auch die Verbindlichkeiten z.B. 1,6 Mio € jedes Jahr an die Event GmbH oder aber die Vermögensverluste wie z.B. durch den Verkauf von Grundstücken in diese Betrachtung miteinbeziehen. Aus diesem Grund schlage ich vor, entweder die Kameralistik-Buchführung zu machen oder aber auf die Doppik-Buchführung umzustellen. Es kann nicht sein, dass ich mir aus beiden Systemen die Vorteile zur Schönfärberei des städtischen Haushalts heraus suche und den falschen Eindruck von „Null € neue Schulden“damit hervor rufe.

Es hat nichts mit Fundamentalopposition zu tun, Herr Kollege Feuerer und Herr Kollege Dr. Fischer, wenn ich behaupte, dass die Stadt ihre Finanzen nach wie vor nicht richtig im Griff hat. Alleine im Jahr 2006 haben wir 9 Mio € mehr eingenommen als ursprünglich geplant und wieviele Schulden haben wir am Ende des Jahres weniger? Sie kennen alle die Antwort – wir haben noch mehr Schulden als voriges Jahr. Cirka 5 Mio € wurden im Laufe des Jahres für dies und jenes ausserplanmäßig ausgegeben. Gegen den Widerstand der Grünen-Fraktion waren darunter so hohe Beträge wie z.B.: ein ominöser Zuschuss an die Event i.H.v. 250.000,–€ und der Umbau der Messestraße von 85.000,–€. Das Geld, das übrigens nicht nur bei der Stadt Passau in Form von hohen Steuereinnahmen überplanmäßig herein kommt , wird praktisch umgehend ausserplanmäßig wieder ausgegeben. Das macht den Zukunftsfondsgedanken der SPD-Fraktion schon wieder überlegenswert, da zumindest dadurch das Ausgebeverhalten gebremst werden würde. Trotzdem ist es jedoch nach unserer Ansicht besser, bei jeder Gelegenheit die Schulden sofort zurück zu zahlen und nicht einen Fonds anzusparen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
nach Auffassung der Regierung ist die dauernde Leistungsfähigkeit der Stadt Passau, auch bei einem Haushaltsausgleich in diesem und im nächsten Jahr, weiterhin nicht gegeben. Verantwortlich dafür sind die Schuldenberge, welche die Stadt Passau schon seit Jahren vor sich herschiebt und die im Vergleich zu anderen Kommunen rekordverdächtig sind. So ist es kein Wunder, dass die Stadt Passau regelmäßig bei den Rankings hintere Plätze belegt. Es wird zwar dagegen gehalten, wir würden unsere Kanalbaukosten miteinbeziehen, aber auf der anderen Seite lagern wir Millionen Schulden in die GmbH’s aus, was andere Städte nicht in diesem Umfang machen.

Womit wir bei dem Reizthema WGP und Event wären. Durch die im Jahre 2006 vollzogene Fusion wurde die Wohnungsaufbau GmbH zusätzlich zu den über gut 3 Mio € für die Erbbauzinsen im Jahr 2004 gleich noch einmal um ca. 5 Mio € erleichtert. Nach dem ersten Foulspiel im Jahre 2004 gegen die Wohnungsaufbau hat Ihnen, Herr Oberbürgermeister, der Kollege Jahrstorfer die gelbe Karte gezeigt. Nach dem heurigen schweren Foul zeigten wir Ihnen die zweite gelbe Karte. Sie wissen genau was das für Folgen hat – aber was haben Sie gemacht? Sie haben dafür gesorgt, dass der Spielführer der Wohnungsaufbau, der Kollege Jahrstorfer, vom Platz gestellt wurde. Das ist eine einmalige Regelauslegung, die nach unserer Meinung die Mieter ausbaden werden müssen. Ihre Wohnungen können nämlich jetzt eben nicht, wie oft notwendig, renoviert werden, die Häuser können nicht saniert und schon gar nicht wärmegedämmt werden. Und weil das alles noch nicht reicht, hat man einen weiteren Finanzierungstrick das „Sale and Lease Back-Verfahren“ aus dem Hut gezaubert. Auch hier steht fest: Die WGP wird Verluste erleiden, was aber anscheinend nicht so schlimm für die Mehrheit hier im Saal ist, weil die Mieter schon für frisches Geld sorgen werden.

Für die Event GmbH ist es sozusagen der letzte Ausweg. In der aktuellen Situation mit 0,4 % Eigenkapital und einem weiterhin erwarteten Millionenverlust im operativen Geschäft, ist das nicht einmal die schlechteste Lösung. Traurig ist vor allem, dass es so weit hat kommen müssen, dass der Verkauf des Gesamtvermögens gegen Rückmietung als wirtschaftlich sinnvolle Lösung erscheint. Die jahrelangen Warnungen der Grünen-Fraktion wurden von der sogenannten Gestaltungsmehrheit leider in den Wind geschlagen. Abzuwarten bleibt allerdings, ob die Regierung eine Mietzahlungsverpflichtung für die nächsten 25 – 30 Jahre so ohne weiteres genehmigen wird. Diese Art von Haushaltspolitik verdreht den Begriff der Nachhaltigkeit ins Gegenteil. Die Absicht von den Geschäftsführern und vom Oberbürgermeister ist es, die nächste Generation nachhaltig durch Verträge finanziell immens zu belasten.

Aus aktuellem Anlass möchte ich ein Wort zum Brennpunkt Klinikum sagen. Vor einem Jahr wurde hier im Stadtrat die Gründung einer Servicegesellschaft für das Reinigungspersonal beschlossen. Die Folge davon sind Einkommensverluste von bis zu 200,– € im Monat für die Niedriglohngruppen. Herr Kobluk machte damals deutlich, dass nur bei einem eisernen Sparkurs der Eigenbetrieb zu halten sei. Umso mehr erstaunt es jetzt, dass ganz heimlich im Führungskräftebereich die Gehälter um 40 % angehoben werden. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir haben erstens kein Verständnis für Gehaltssteigerungen von 40 %, noch dazu ohne nachvollziehbarer Begründung, und wir haben auch zweitens kein Verständnis für die Geheimniskrämerei. Wer im öffentlichen Dienst seine Leistung bringt, braucht sich seines Gehalts nicht zu schämen. Die Verdächtigungen jedoch, in diesem und in einigen anderen Fällen, wir Grüne würden Geheimnisverrat betreiben, sind nicht nur falsch, sondern auch beleidigend.

Von so manchem Kollegen wird gegenüber der Fraktion der Grünen immer wieder der Vorwurf der Ideologie erhoben. Dieser Vorwurf stimmt immer dann, wenn es um Fragen der Natur und des Umweltschutzes geht. Wir lehnen, und das geben wir gerne zu, aus weltanschaulichen Gründen Baulandausweisungen im Aussenbereich oder den geplanten Donauausbau ab. Hier im Stadtrat gibt es zur Zeit eine Mehrheit für das möglichst großzügige Betonieren und Asphaltieren von Naturräumen. Dem zu Grunde liegt die Ansicht, dass nur so die Wirtschaft brummt und dass Umsatz, Gewinn und Arbeitsplätze die wichtigsten Faktoren für eine moderne Gesellschaft sind. Wir Grünen lehnen diesen Denkansatz ab. Wir meinen, dass ein schonender Umgang mit der Natur Vorrang hat und im übrigen in den meisten Fällen auch ökonomisch Sinn macht. Darüber hinaus muss eine Stadtentwicklung in erster Linie die Bürgerinnen und Bürger in ihrer Person und Vielschichtigkeit beachten. Beispeilhaft stelle ich einige Fragen:
Wer weiß, dass wir eine Jugendkultur in Passau haben und wie sieht diese aus?
Oder: Welche Möglichkeiten gibt es, Menschen die keine 20,– bis 40,–€ für eine Eintrittskarte ausgeben können ein gutes Kulturangebot anzubieten?
Oder: Gibt es in unserer Stadt Randgruppen, wie Jugendgangs oder Aussiedlercliquen? Geben wir diese Jugendlichen auf? – was im übrigen einem Armutszeugnis gleichkommen würde.
Oder: Wie gehen wir mit diesen Gruppen in Zukunft um und wie verhindern wir am besten, dass Randgruppen erst entstehen?
Das sind schwierige Fragen und es ist deshalb auch viel leichter ein neues Einkaufscenter zu eröffnen oder ein neues Kino einzuweihen.

Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Wir Grünen sind für eine wirtschaftliche Weiterentwicklung in unserer Stadt. Nur genau so wichtig sind uns die Sorgen und Nöte der Menschen. Es mag für viele banal klingen, aber eine gute Busverbindung, auch in den Aussenbereichen der Stadt, ist für hunderte von Passauern wichtiger, als die schöne Aussicht von einem hässlichen Turm oder ein elektronisches Parkleitsystem. In diesem Zusammenhang steht auch die Frage des Konzerthauses im Raum. Wenn das Betriebsmodell so gut ist, wie Sie es in Aussicht stellen, so schlagen wir Grünen vor, einen Privatinvestor zu suchen. Dass das nicht ausgeschlossen ist, beweist gerade die Firma ECE in München, wo sie der Stadt angeboten hat, ein neues Kulturzentrum zu errichten. Zweifellos ist das eine viel schwierigere Aufgabe, als einen Investor für ein Einkaufscenter auf einem Filetgrundstück der Stadt zu finden. Sollte Ihnen, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, das gelingen, so kaufe ich mir einen Hut, damit ich diesen vor Ihnen ziehen kann.

Abschließend erlaube ich mir noch einmal die Regierung als Aufsichtsbehörde zu zitieren: “ Insbesondere für Investitionsvorhaben außerhalb der Neuen Mitte, deren Anteil selbst in den Jahren 2006/2007 weit überwiegt, ist daher strengste Ausgabenminimierung anzunehmen.“ Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir erleben zur Zeit die fetten Jahre. Wir hoffen, dass es, wie in der Bibel, wenigstens sieben Jahre sein werden. Der Zyklus der Steuereinnahmen sagt uns aber, dass bald wieder magere Jahre ins Haus stehen. Für diese Jahre müssen wir schon heute Sorge tragen. Der hier vorgelegte Haushalt 2007, der alleine für Straßenbauprojekte wieder Ausgaben i.H.v. ca. 3,3 Mio € vorsieht, erfüllt diesen Anspruch nicht. Die Fraktion der Grünen wird aus diesen Gründen den Haushalt 2007 ablehnen.
(Karl Synek)