Grüne wollen Klimanotstand im Landkreis ausrufen

Grüne fordern: Klimanotstand für Landkreis Passau
In Passau demonstrierten Schüler bei "Fridays for Future" gegen den Klimawandel. "Für den Kreistag ist unser Antrag auch eine tolle Gelegenheit allen jungen Menschen zu zeigen, dass ihre Anliegen bei uns vor Ort ernst genommen und in politisches Handeln umgesetzt werden", sagt nun der Grüne Timm Schulze aus Ortenburg. Die Grünen wollen den Klimanotstand im Landkreis ausrufen. -Foto: Archiv Jäger

Fraktion will Kreistagsbeschluss erwirken: Oberste Priorität für Klimaschutz – Landrat findet Antrag „befremdlich“

Klimaschutz muss oberste Priorität im Landkreis Passau bekommen. Das finden die Grünen-Kreisräte Halo Saibold und Eike Hallitzky. Sie haben deshalb für ihre Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen einen Antrag für die nächste Kreistagssitzung eingereicht. Sie wollen den Klimanotstand für den Landkreis Passau ausrufen.

Gemeinden und Städte in mehreren deutschen Bundesländern haben in den vergangenen Monaten den Klimanotstand ausgerufen – eine Art Selbstverpflichtung der Kommunen, bei all ihren Entscheidungen den Klimaschutz in den Fokus zu stellen. Am Dienstagabend hat Köln als erste deutsche Millionenstadt den Klimanotstand ausgerufen.

Laut der Fraktion der Grünen soll der Klimanotstand nun also auch im Landkreis Passau ausgerufen werden. „Es geht um die Anerkennung und Erkenntnis, dass die Menschheit sich in einer existenziellen Notlage befindet. Wenn wir nicht deutlich stärker als bisher handeln, schlittern wir in eine nicht mehr beherrschbare Klimaüberhitzung“, steht in dem an Landrat Franz Meyer adressierten Antrag.

Seit 40 Jahren ist bekannt, so Hallitzky und Saibold, welche Folgen die menschengemachte Klimaüberhitzung haben wird. „Die Erwärmung der Erde muss deshalb begrenzt werden – und die Weltgemeinschaft hat mit dem Abkommen von Paris 2015 dazu mit dem 1,5 Grad-Ziel eine klare Vorgabe gemacht. Zur Einhaltung dieses völkerrechtlichen Vertrages hat sich Deutschland verpflichtet“, steht im Antrag. Fraktionsvorsitzender Eike Hallitzky sieht hier auch den Landkreis Passau in der Verantwortung: „Alle müssen jetzt handeln – auf allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen, auch auf der kommunalen. Deshalb haben wir den Antrag gestellt, dass der Landkreis künftig alle Entscheidungen grundsätzlich auf Klimafreundlichkeit überprüft.“

Bei Landrat Franz Meyer stößt der Antrag auf Befremden. Auf PNP-Nachfrage erklärt er: „Wenn man sich anschaut, was der Landkreis auf diesem Gebiet schon alles macht und die Beschlusslage in unseren Gremien kennt, dann ist der Antrag schon etwas befremdlich. Zumal die antragstellende Fraktion in allen Entscheidungsgremien aktiv vertreten ist. Aber was soll’s: Der Antrag wird im zuständigen Ausschuss für Umwelt, Abfallwirtschaft und Energie nach der Sommerpause behandelt werden.“ //Einlassung GRÜNE: Unsere Anträge zu Umwelt- und Klimaschutz etc. werden regelmäßig abgelehnt//
Der Anstoß für den Antrag kam aus dem Passauer Kreisverband der Grünen. Für dessen Vorsitzenden Dirk Wildt „ist der Landkreis zwar zu klein, um die Welt zu retten, aber groß genug, um ein gutes Vorbild beim Schutz unseres Klimas zu sein“. Mitinitiator Timm Schulze aus Ortenburg, der sich auch bei „Fridays for Future“ engagiert, betont: „Für den Kreistag ist unser Antrag auch eine tolle Gelegenheit allen jungen Menschen zu zeigen, dass ihre Anliegen bei uns vor Ort ernst genommen und in politisches Handeln umgesetzt werden. Wir wollen, dass sich der Landkreis in seinem Handeln ganz klar dazu bekennt.“
Halo Saibold verweist auf konkrete Beispiele, wo im Landkreis Passau „noch erhebliche Entwicklungsmöglichkeiten bestehen“: „Das geht vom Schutz des für das Klima wertvollen Bannwaldes, wo wir uns vom Landrat ein klares Zeichen gegen dessen großflächige Rodung durch ein Transportunternehmen im Neuburger Wald erwarten, bis zu einer klaren Positionierung für Windenergie in unserem Landkreis, die von einigen Kreisräten zu verhindern versucht wird. Das geht von einer Mobilitätsstrategie, die nicht mehr nahezu ausschließlich aufs Auto setzt, bis zum stärkeren Engagement des Ernährungsnetz-werkes für bioregionales Kochen in Kitas, Schulen und allen Landkreiseinrichtungen, was nicht nur gut schmeckt, sondern auch dem Klima nützt.“

DIE FORDERUNGEN

Der Kreistag soll die Eindämmung des Klimawandels und seiner Folgen als Aufgabe von höchster Priorität anerkennen und den Klimanotstand („Climate Emergency“) für den Landkreis Passau ausrufen. Bei seinen Entscheidungen soll der Kreistag die Auswirkungen auf das Klima sowie auf die ökologische Nachhaltigkeit berücksichtigen. Hierzu sollen für sämtliche Beschlussvorlagen die Auswirkungen auf das Klima dargestellt und wenn immer möglich jene Alternativen prioritär behandelt werden, die im Ergebnis zu einer Reduktion von Treibhausgasen führen.
Der Kreistag soll sich für zukünftige Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimaüberhitzung an den Berichten des „Intergovernmental Panel on Climate Change“ (IPCC) orientieren, insbesondere in Bezug auf Investitionen zur Reduktion von Treibhausgas-Emissionen.
Die Grünen fordern außerdem vom Landrat jährlich einen schriftlichen und mündlichen Bericht vor dem Kreistag und der Öffentlichkeit über Fortschritte und Schwierigkeiten bei der Verbesserung der Klimabilanz.
Der Kreistag soll zudem vom Bundestag und vom Bayerischen Landtag ein „wirksames“ Klimaschutzgesetz fordern. Von Bundes- und Staatsregierung will man umfassende Information aller Bürger auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse über die Klimaüberhitzung, ihre Ursachen und Auswirkungen sowie über die Maßnahmen, die gegen die Klimaüberhitzung ergriffen werden. Sie sollen außerdem die Kommunen mehr im Klimaschutz unterstützen. 

Quelle: Passauer Neue Presse vom 12.07.2019
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