Andreas Krahl, MdL, über seine Erfahrungen in der zivilen Seenotrettung

Über seine Eindrücke und Erfahrungen in der zivilen Seenotrettung berichtete am 14. November der Landtagsabgeordnete der Grünen, Andreas Krahl. Dieser verbrachte vergangenen Sommer als Rettungssanitäter rund vier Wochen an Bord der „Sea-Eye 4“, einem ehemaligen Offshore-Versorgungsschiff für Bohrinseln. Nun wird das Schiff von der gleichnamigen Rettungsorganisation aus Regensburg genutzt, um in Seenot geratene Geflüchtete im Mittelmeer vor dem Ertrinken zu retten.

Krahl berichtete den Interessierten sehr eindrücklich von der täglichen Arbeit auf dem Schiff. „Ab Tag eins fängt an Bord eine gewisse Routine an.“. Die Crew, die zu einem Großteil aus Ehrenamtlichen besteht, versucht die Menschen etwa mithilfe von Spielen oder Büchern so gut wie möglich beschäftigt zu halten. Diese Routine sei „enorm wichtig, da viele das Schiff meist in einem stark traumatisierten Zustand erreichen“, so Krahl. Auch Kleinkinder und Schwangere sind oft an Bord. Krahl erlebte sogar die Geburt eines kleinen Mädchens mit, das im September auf einer Corona-Quarantäne-Fähre geboren wurde. Als besondere Herausforderung beschrieb Krahl die Rettung der sich in Seenot befindenden Menschen. So werden diese in erster Linie mittels Ferngläser geortet, vor allem bei Wellengang stellt sich dabei die Rettung aus überfüllten und nicht hochseetauglichen Booten als Herausforderung dar. Als gelernter Krankenpfleger schilderte Krahl außerdem die medizinische Ausstattung und Versorgungsmöglichkeit an Bord der “See-Eye 4”. Diese sei vergleichbar mit der eines gewöhnlichen Rettungswagens.

Die Crew des Schiffes bringt die Menschen nach deren Rettung an einen sicheren Hafen, wo sie meist von privaten Organisationen, wie etwa dem Roten Kreuz, in Empfang genommen und weiter versorgt werden. „Die Menschen an Bord bekommen vorher alle ein sogenanntes „Starter-Package“: einen Turnbeutel, gefüllt mit Erdnüssen, Datteln, einer Flasche Wasser und einem T-Shirt aus der Altkleidersammlung. Damit starten sie dann in ihr „neues Leben.“, so Krahl.

Neben ihrem Engagement in der zivilen Seenotrettung stellt der Verein Sea-Eye auch politische Forderungen, wie etwa die Herstellung von sicheren Fluchtwegen und staatlich organisierten Seenotrettungsinstitutionen, um die Situation für Flüchtende nicht zusätzlich zu erschweren.

Krahl zeigte sich zudem empört über die aktuelle Migrationspolitik: „Ich habe kein Verständnis dafür, dass sich die EU, Deutschland und auch Bayern einfach aus der Verantwortung ziehen. Wir brauchen dringend bayrische Aufnahmeprogramme, die unabhängig von den Entscheidungen auf Bundesebene umgesetzt werden können.“

Auch die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Stefanie Auer, hob in ihrem Grußwort hervor, wie wichtig und wertvoll der Beitrag der zivilen Seenotrettung ist. Sie fordert deshalb, dass diese nicht länger kriminalisiert werden dürfe. „Die Seenotrettung darf nicht gegen die Flüchtlingsumverteilung innerhalb der EU ausgespielt werden. Es dürfen nicht weiter Menschen sterben, weil sich die EU-Mitgliedstaaten nicht über die Aufnahme von Flüchtlingen und die Durchführung von Asylverfahren einigen können.“

Auf eine Frage aus dem Publikum, ob Seenotrettung denn nicht eigentlich Aufgabe der EU sei und dieser dadurch schlicht die Verantwortung abgenommen würde, erwiderte Krahl: „Ja, eigentlich ist das nicht unser Job, aber egal wie oft wir darüber diskutieren, wir kommen immer wieder zum gleichen Entschluss: wenn wir nicht rausfahren, haben die Menschen ein Problem. Heißt: wir fahren raus.“

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