Flächendeckend gute Versorgung als Ziel

Nach Praxisschließungen: Staatsregierung antwortet Grünen-MdL Steinberger auf Anfrage

Wie steht es nach der kurzfristigen Schließung der fünf Praxen des Ärzte-Ehepaars Dr. Denise Quitterer und Dr. Olaf Schukai (PNP berichtete) um die kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung in Ostbayern? Und was gedenke der Freistaat zu tun, die Versorgung in Zukunft auf solide Beine zu stellen? Diese Anfrage hat die Landshuter Grünen-Landtagsabgeordnete Rosi Steinberger an die Staatsregierung gestellt – und nun eine Antwort erhalten. Die Auskünfte seitens des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege seien allerdings „natürlich nicht befriedigend“, moniert sie in einer Pressemitteilung.

Das Ministerium verweist in dem Antwortschreiben in erster Linie auf die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB), der die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung obliege. Das Ministerium selbst sei hier nur für die Rechtsaufsicht zuständig. „Die vertragsärztliche Versorgungslage in den Planungsbereichen Landshut und Donau-Wald (Niederbayern) sowie München, Ingolstadt, Oberland und Südostoberbayern (Oberbayern) liegt für die Arztgruppe der Kinder- und Jugendpsychiater in nahezu allen Planungsbereichen im überversorgten Bereich (Stand 31.01.2022)“, teilt das Ministerium darüber hinaus mit. Lediglich im Planungsbereich Donau-Wald liege der Versorgungsgrad mit 92,50 Prozent bei 1,50 offenen Niederlassungsmöglichkeiten unter 100 Prozent.

Das Ministerium unterstütze die Niederlassung von Ärzten sowie Psychotherapeuten im ländlichen Raum des Freistaats mit der Landarztprämie – sofern sich die Niederlassungen nicht in statistisch überversorgten Bereichen befänden. „Bisher konnten bereits 892 Niederlassungen und Filialbildungen gefördert werden“, so das Ministerium weiter in seiner Antwort. Dabei hätten mit Stand 31. Januar 16 Kinder- und Jugendpsychiater, davon vier in Niederbayern, eine Förderung erhalten.

Steinberger gibt sich damit nicht zufrieden. Die Sitze für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Landshut, Passau, Eggenfelden, Freising und Abensberg, die seit Wochen verwaist seien, „reißen ein Loch in unser Versorgungsnetz auf dem Land“, erklärt sie. „Hier muss unverzüglich reagiert werden.“ Auch wenn auf dem Papier die Versorgung gut sei, stünden plötzlich Eltern und Kinder ohne Therapiemöglichkeit da.

Steinberger fordert das Gesundheitsministerium auch dazu auf, im Rahmen der Rechtsaufsicht über die KVB zu prüfen, ob die Zustände rund um die Praxen rechtswidrig gewesen seien. „Gibt es Kriterien, wie Mindestöffnungszeiten oder werden Sitze auch vergeben, wenn diese dann unzulänglich besetzt werden?“, fragt sie. Auch bei Hausarztsitzen in der Region sei dies ein Thema.

Steinbergers Appell: „Die kassenärztliche Vereinigung und der Ärzteverband Rottal-Inn sollten jetzt dringend für Aufklärung sorgen. Die Staatsregierung muss sicherstellen, dass die Sitze unverzüglich neu besetzt werden.“

Grünen-Landtagsabgeordneter Toni Schuberl fordert darüber hinaus in einer Pressemitteilung, dass insgesamt die Zahl der kassenärztlichen Zulassungen für Kinder- und Jugendpsychiater ausgeweitet werde. Einerseits in Hinblick auf die Belastungen durch die Pandemie, andererseits aber auch durch zunehmenden Druck auf Kinder und Jugendliche im Internet müsse man den Bedarf neu evaluieren. „Die Zahl der Praxen muss sich am Bedarf orientieren, nicht an den Finanzinteressen der Kassen,“ sagt Schuberl.

Die Hintergründe der Praxisschließungen in Ostbayern bleiben derweil nebulös. Die KVB erteilt auf Nachfrage der Heimatzeitung mit Verweis auf den Datenschutz keine Auskünfte. Ähnlich fällt die Reaktion bei der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG) aus, weder bestätigt Pressesprecher Oberstaatsanwalt Matthias Held auf Nachfrage, ob die ZKG sich mit der Angelegenheit befasse, noch dementiert er es. Und seitens des Ärztlichen Bezirksverbands Niederbayern bittet Vorsitzender Dr. Wolfgang Schaaf um Verständnis, dass er sich zu internen Angelegenheiten nicht äußere.

Auch die Grünen-Bezirksräte Mia Goller und Markus Scheuermann haben sich laut Pressemitteilung in den Fall eingeschaltet; sie fordern von der KVB und der Staatsregierung eine Strategie, um die Patienten weiter zu versorgen und eine umfassende Aufklärung zu den Vorfällen.

Quelle: Passauer Neue Presse vom 19.02.2022
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