Sehr geehrter Prof. Dr. Waschler,
dass Sie in der Lage sind, mit Vertreten der Jungen Union und dem neuen Landesschülerrat gute Gespräche zu führen, freut mich sehr. Dies ändert jedoch, ebenso wie der Vorwurf der Jungen Union, es würde sich hierbei nur um ein politisches Manöver handeln, nichts an der Tatsache, dass Ihr Verhalten gegenüber vielen Schülervertretern, zu denen ich mich selbst auch zähle, demotivierend, respektlos und für jemanden in Ihrer Position absolut unpassend war.
Schülervertretung ist ein Ehrenamt. Junge Menschen wollen Schule mitgestalten, engagieren sich in ihrer Freizeit und wollen politisch mitmischen. Nicht selten ist dieses Engagement mit einem hohen Zeitaufwand verbunden: Viele Wochenenden und auch Wochentage werden dafür geopfert. Fehlzeiten im Unterricht sind keine Seltenheit. Wir machen das gerne, weil es uns wichtig ist, politisch aktiv zu sein. Aber weder werden wir für unsere Tätigkeiten entlohnt, noch genießen wir in der Öffentlichkeit ein hohes Ansehen, da sich ein Großteil der Arbeit hinter den Kulissen abspielt.
Im letzten Jahr war ich in den Arbeitskreissitzungen im Kultusministerium, die sich mit der Gestaltung des neuen G9 beschäftigten, besuchte die Sitzungen des Landesschulbeirats, war zu Gast beim Wertebündnis Bayern und in der Landeszentrale für politische Bildung, hielt Seminare und besuchte selbst auch viele, bereitete die Landesschülerkonferenzen und andere Treffen mit meinen Kolleginnen und Kollegen vor, organisierte als Koordinator sämtliche Termine und war sehr bemüht, selbst möglichst viel mit Vertretern aller Parteien, die derzeit im Bayerischen Landtag sitzen, ins Gespräch zu kommen. Viele Abende saß ich am Schreibtisch und schrieb Mails, informierte mich über diverse bildungspolitische Themen und versuchte nebenbei auch meinen eigenen Schulalltag zu meistern. Da ich in einem Jahr an gut 100 Tagen im Auftrag des Landesschülerrats im Freistaat unterwegs war, erwies sich dies oft als anspruchsvoll. Um nicht zu viel Unterricht zu versäumen, blieb ich häufig vormittags in Passau, fuhr erst nach Schulschluss mit dem Zug nach München, um am gleichen Abend wieder nach Hause zu kommen, am nächsten Tag wieder in der Schule zu sein und nach Schulschluss wieder im Zug zum nächsten Termin zu sitzen.
Ich schreibe Ihnen dies deswegen so ausführlich, weil ich zunehmend den Eindruck gewonnen habe, dass Sie gar keine Ahnung haben, was in der Schülervertretung eigentlich alles passiert. Wie viel Zeit und Energie in dieses Ehrenamt investiert wird und wie viel einem abverlangt wird, um den Spagat zwischen der eigenen Schullaufbahn und den außerschulischen Tätigkeiten zu bewältigen.
Nicht ein einziges Mal zeigten Sie Interesse an unserer Arbeit. Stattdessen kritisierten Sie mich oft für meine Gesprächsbereitschaft mit anderen Parteien und wurden auch nicht müde, auf die in Ihren Augen nicht richtigen Themen und Forderungen, die wir auf den Landesschülerkonferenzen mehrheitlich beschlossen hatten, einzuhacken. Als Beispiel nenne ich hier die Einhaltung der „3+2 Regelung“ und unseren Einsatz gegen die Abschiebung von Schülern und Auszubildenden, denn das schien Ihnen ein besonders großer Dorn im Auge zu sein.
Letztes Jahr fand auch die gymnasiale Umbruchsphase statt. Hierzu brachten wir zahlreiche Vorschläge und Ideen in die politische Debatte ein. Bereits bei unserem ersten Zusammentreffen, dem Neujahresempfang der niederbayerischen CSU am 29. Januar 2017, haben wir im Gespräch mit Ihnen unser großes Interesse bekundet, diesen Prozess mitzugestalten. Gut gelungen ist dies in den bereits erwähnten Arbeitskreissitzungen und in den Gesprächen mit Vertretern des Kultusministeriums. Sie jedoch zeigten sich kein einziges Mal interessiert, die Landesschülersprecher der Gymnasien als bildungspolitischer Sprecher der CSU-Fraktion zu diesem Thema einzuladen, sich mit uns auszutauschen und unsere Ideen und Vorschläge anzuhören. Das lässt sich nicht mehr ändern, aber es bleibt zu hoffen, dass Ihre Neugier und Ihr Unterstützungswille bei den kommenden Generationen der Schülervertretungen größer sind, als es im letzten Jahr der Fall war.
Nicht eine Einladung bekamen wir von Ihnen.
Kein einziges Mal zeigten Sie sich interessiert an unserer Arbeit.
Nicht ein einziges Mal bekamen wir aus Ihrem Munde ein lobendes Wort zu hören.
Ich finde das bis heute sehr schade.
Dass Sie so dreist sind, sich nach meinem Besuch im Bildungsausschuss über ein schlechtes Benehmen meinerseits zu beschweren, hätte ich Ihnen nicht zugetraut.
Ohne sich an einer Begrüßung oder einer kurzen Unterhaltung interessiert zu zeigen gingen Sie nach der Sitzung am Gang an mir vorbei, während ich mit einer Abgeordneten im Gespräch war. Mir leuchtet bis heute nicht ein, wie ich jemanden, der wortlos an mir vorbeigeht, mit Handschlag grüßen soll. Ich habe Ihnen nie einen Handschlag verwehrt, habe mich trotz Ihrer herablassenden Art in den vorherigen Gesprächen stets ruhig und höflich verhalten. Ich habe in meiner Kindheit gelernt, dass die jüngere Person zu grüßen hat, aber die Entscheidung, ob man sich die Hände schüttelt oder nicht, von der älteren Person getroffen wird. Sie sind also derjenige, dessen Umgangsformen in dieser Situation zu wünschen übrig ließen. Deshalb war Ihre aus der Luft gegriffene Anschuldigung über ein angebliches Fehlverhalten meinerseits und Ihre Beschwerde, die mich scheinbar an meiner Schule in schlechtes Licht rücken sollte, nicht weniger als eine Frechheit. Es ist nicht hinnehmbar, dass Ihr Fehlverhalten bis heute unentschuldigt ist.
Ich bitte Sie daher, den von mir beschriebenen Vorfall und Ihre Reaktion darauf zu überdenken. Ihre Vorgehensweise sollte weder unentschuldigt bleiben, noch in dieser Form wieder auftreten. Engagierte Schüler sollten gefördert, unterstützt, ernst genommen und nicht zuletzt auch wertgeschätzt, statt herabgewürdigt und zu Unrecht beschuldigt werden. Für einen Abgeordneten des Bayerischen Landtags, der zugleich bildungspolitischer Sprecher seiner Fraktion ist, ist solch eine Respektlosigkeit untragbar.
Sie sollten sich diese Kritik zu Herzen nehmen. Nicht zuletzt schreibe ich Ihnen auch in der Hoffnung, dass dies sich positiv auf Ihren künftigen Umgang mit jungen Menschen auswirkt. Schließlich kann es nie schaden, hin und wieder sich und sein Verhalten zu reflektieren.
Für Ihre berufliche Zukunft und ein erfolgreiches Umdenken, was den Umgang mit jungen Menschen betrifft, die nicht nur die Positionen der CSU vertreten, wünsche ich Ihnen alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Weigl