Karl Syneks Haushaltsrede für 2014 ist die Richtlinie Grüner Politik in Passau

Haushaltsrede für 2014

am 09.12.2013

 

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Sehr geehrte Damen und Herren,

Kommunalpolitik ist ein Wechselbad der Gefühle. Wir werden als Stadträte immer wieder direkt von Bürgerinnen und Bürgern aufgefordert kleine und größere Probleme zu lösen. Den Wünschen nach weniger Lärm, verbesserter Verkehrsführung oder neuem Bauland können wir nicht immer entsprechen und deshalb sagen manche zur Kommunalpolitik, sie sei eher ein so genanntes Erwartungsdämpfungsmanagement. Auch die Sitzungen im Stadtrat verlaufen nicht immer so wie man sich das wünschen würde und trotzdem werden wir uns im nächsten Jahr fast alle wieder zur Wahl stellen. Der Grund dafür ist, wir wollen aktiv daran mitarbeiten, die Rahmenbedingungen für die Bewohner unserer Stadt, trotz deren ganz unterschiedlichen Ansprüchen, möglichst optimal zu gestalten.

Diesen Vorsatz hatten wir uns auch in der nun auslaufenden Stadtratsperiode  vorgenommen und das nehme ich zum Anlass einen kurzen Rückblick aus Sicht der Grünen Fraktion auf die letzten sechs Jahre zu werfen. In meiner Haushaltsrede für das Jahr 2009 hatte ich die Ansprüche von Seiten der Grünen an den Oberbürgermeister in sieben Punkten formuliert. Nun ist es an der Zeit, einen Strich unter die damaligen Forderungen zu ziehen und deshalb erlauben Sie mir, liebe K. u. K., mit wenigen Sätzen jeweils auf einen der Punkte einzugehen.

Punkt 1 lautete: „Gelingt es die Schulden im Konzern nennenswert zurück zu führen?“ Diese Frage kann eindeutig mit ja beantwortet werden, weil tatsächlich die Gesamtschulden um ca. 20 Mio € gesenkt werden konnten, wovon etwa 22 Mio. € der WGP und 3 Mio € der Event zuzurechnen sind.

Davon abzuziehen ist das Ergebnis der Stadtwerke von minus guten 8 Mio €, bei immerhin fast gleich bleibender Eigenkapitalquote. Leider blieb die Stadt selbst mit einem tatsächlichen Schuldenrückgang von nur 3 Mio € doch weit hinter unseren Erwartungen zurück. Statt Schuldenabbau machte man lieber einen Rücklagenaufbau um jederzeit für alles mögliche die finanziellen Mittel parat zu haben.

Der Punkt 2 lautete: „Es sollen konkrete Schritte zur Energiewende durch den Ausbau alternativer Energieträger erfolgen.“ Bei diesem Punkt fällt jedem sofort die Übernahme des Holzschnitzelheizkraftwerks Jahrdorf, das Wasserkraftwerk Erlau, das eine oder andere Blockheizkraftwerk oder die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED-Licht ein. Das ist aber eine ziemlich magere Bilanz nach sechs Jahren. Eine richtige Energiewende in Richtung Autarkie, wie es z.B. die Kommunen Rhein-Hausrück-Kreis, Mühlheim und Freiburg, jeweils unter einem schwarzen, einem roten und einem grünen Oberbürgermeister vorgemacht haben – die ist in Passau in weiter Ferne. Wir hätten uns z.B. die Initiative zu einer großen Energiegenossenschaft unter Beteiligung von anlagewilligen Bürgerinnen und Bürgern vorgestellt und wir haben uns vor allem von den Stadtwerken mehr erwartet. Wir wissen, Investitionen beim Ausbau einer dezentralen Energieversorgung bleiben in der Regel im regionalen Wirtschaftskreislauf.

In Punkt 3, brachten wir die Hoffnung zum Ausdruck, dass im neuen Verkehrsentwicklungsplan die Radfahrer und Fußgänger mit den PKW’s gleichberechtigt berücksichtigt werden. Diese Hoffnung hat sich leider nicht erfüllt. Auch der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs zog gegenüber der neuen Maierhofbrücke, einer Abbiegespur, einem neuen Parkhaus und verschiedenen Kreisverkehren den kürzeren. Und die Investitionen in den motorisierten Individualverkehr gehen weiter mit der Planung für eine neue Straße, einem Kreuzungsausbau und weiteren Parkplätzen. Der Straßenverkehr hat trotz immenser Kosten immer Vorfahrt in unserer Stadt.

Der wirtschaftliche Fortschritt Passaus in Zusammenhang mit dem Ganzjahrestourismus war der 4. Punkt. Zufrieden können wir hier die stetig anwachsenden Übernachtungszahlen registrieren, die ja nur möglich sind, weil sich die Tourismussaison verlängt hat. Ich meine, ein neues 4- oder 5-Sterne-Hotel täte Passau gut. Wünschenswert wäre darüber hinaus eine bessere Auslastung unseres Messegeländes. Die Marke „Barockstadt Passau“ gilt es neben der „Dreiflüsse-Stadt“ weiter zu etablieren.

In Punkt 5 meines Forderungskatalogs ging es um die Gleichstellung der Frau in unserem Wirkungskreis. Auch nach sechs Jahren hat sich in dieser Hinsicht bei den leitenden Positionen in der Stadtverwaltung praktisch nichts in diese Richtung verändert. Die Frauen in unserer Stadt machen sich hauptsächlich im Ehrenamt verdient und wir Männer schaffen an. In diesem Zusammenhang sei mir eine Frage nach der Gleichstellungsstelle erlaubt. Wir finden im Haushalt zwar einen Ausgabeposten von 16.000 € für diese Position, aber was geschieht effektiv mit diesem Geld? Welche Fortschritte sind mir und vielleicht auch Ihnen, liebe K. u. K., da verborgen geblieben?

Positives gilt es unter Punkt 6 zu berichten. Das geforderte Altenhilfekonzept wurde in diesen Wochen fertig gestellt und wir alle sind aufgefordert es nun auch umzusetzen. Der demographische Wandel verpflichtet uns, unsere Stadt gerade auch für Senioren attraktiv zu machen. So wurden in den letzten Jahren verschiedene Einrichtungen im Alltag für diese Personengruppe bereits in Angriff genommen und auch für die städtische WGP ist das altersgerechte Wohnungsangebot zu einem zentralen Thema geworden. Ein besonderes Aushängeschild ist die Stadt in Sachen Kinder- und Jugendprogramm. Hier hat die Stadt unter maßgeblicher Führung unseres Oberbürgermeisters in den letzten Jahren Außergewöhnliches geleistet. Die zahlenmäßige Entwicklung der Kindertagesstätten, insbesondere der Krippenplätze, sucht seinesgleichen in vergleichbaren Städten. In der letzten Finanzausschusssitzung wurde allerdings auch deutlich, dass der Ausbau von Krippenplätzen zusätzliche finanzielle Mittel erfordert.

Und schließlich, als letzten Punkt 7, forderten wir das Kreativpotential in der Stadt zu fördern. Hier sehe ich in den letzten Jahren einen wesentlichen Fortschritt. Zahlreiche Formen der Bürgerbeteiligung wurden geschaffen und sie werden von vielen Bürgern gerne angenommen. Der Dialog zwischen Bürgern, Stadtverwaltung und Stadtrat ist weiter auszubauen und zu intensivieren. Jedes Bürgerbegehren macht uns aber darauf aufmerksam, die Beteiligung der Bürger

im Vorfeld einer Entscheidung noch besser zu organisieren. Von unserer Bürgerschaft werden veränderte Formen und neue Qualitäten der Beteiligung und Planung, sowie eine Verknüpfung mit Modellen direkter Demokratie eingefordert.

Nun aber zum vorliegenden Haushaltsplan für das Jahr 2014. Der Schwerpunkt der Investitionsplanung für das nächste Jahr liegt mit über 10 Mio € auf der Beseitigung von Hochwasserschäden an städtischen Einrichtungen. Erlauben Sie mir die Katastrophe aus der Sicht eines Passauer Stadtrates näher zu betrachten. Vor drei Monaten wurde der neueste Klimabericht veröffentlicht, in welchem alle Wissenschaftler auf den dringenden Handlungsbedarf von Politik und Wirtschaft verweisen um nicht noch größere Katastrophen in Kauf nehmen zu müssen. Welche Möglichkeiten hat jetzt aber die Stadt Passau um ihren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten?

Ein Beispiel von mehreren möglichen ist eine geordnete Stadtentwicklung. Seit zwei Jahren gibt es in § 1 und § 1a des BauGB den Grundsatz, dass die Bauleitpläne dazu beitragen sollen, den Klimaschutz, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern. Kompakte Siedlungsstrukturen begünstigen die Verminderung des Verkehrsaufkommens und eine effiziente Wärmeversorgung. Es wird weniger Straßenfläche benötigt und weniger Boden versiegelt. Sie erraten schon warum ich das sage: Die Baulandausweisung in Sturmsölden widerspricht diesem Ansatz. Viele halten mir jetzt entgegen: Wenn wir nicht eine Bebauung in freier Landschaft zulassen, dann macht es eben die Nachbargemeinde und nichts ist gewonnen. Diese Meinung führt uns direkt in eine so genannte Rationalitätenfalle. Sie begegnet uns bei allen Überlegungen zu der Frage, was für den einzelnen, in diesem Fall die Stadt, vernünftig ist und was für die Gesamtheit der Gesellschaft vernünftig ist. Nach Ansicht der Grünen sind wir aber nicht für einige Neubürger verantwortlich, sondern für alle Bürger und insbesondere für die nächsten Generationen. Die Stadt Passau braucht dringend eine Flächenbevorratungs- und Flächenmanagemtstrategie um einen nachhaltigen Umgang für den privaten und gewerblichen Bereich zu gewährleisten.

Sollte die Stadt in Zukunft diese Forderung auch umsetzen, so wäre das wohl trotzdem nur der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein. Kommende Hochwasser sind für unsere Stadt eine stetig wachsende Bedrohung. Es liegt in unserer Verantwortung alles nur Mögliche zu tun, um die Bürgerinnen und Bürger in Passau vor solchen Katastrophen zu schützen. Das Hochwasserhearing im September war gut – aber wie geht es weiter? Wir brauchen ein Bund-Länder-Programm für ökologischen Hochwasserschutz, das auf Wasserrückhalt, Wasserspeicherung und langsame Abflussgeschwindigkeiten setzt. Das ist eine nationale Aufgabe. Wer nimmt sich dieser ernsthaft an? Werden die notwendigen Mittel im Landes- und Bundeshaushalt dafür bereit gestellt?

Ich erinnere mich noch gut an einen Redebeitrag wahrend des Hearings im Rathaussaal. Ein Mann mit Fachwissen machte folgende Rechnung auf: Die noch vorhandenen Auwälder und Überflutungsflächen am Inn könnten durch neue Deichbauten im Rückraum Milliarden Kubikmeter Wasser im Notfall aufnehmen. Das würde in Passau den Innpegel um zwei Meter senken und damit wären wir praktisch so gut wie gerettet. Die Baukosten einschließlich Grunderwerbskosten bezifferte er, wenn ich mich recht erinnere, auf 3,5 – 4 Milliarden €. Es liegt an uns, solche Vorschläge aufzunehmen und uns als Ziel vorzugeben, denn es ist und bleibt unser ureigenes Interesse, Schaden von der Stadt Passau abzuwenden. Wir Grünen fordern deshalb dazu auf, konkrete Ziele mit einem Zeitrahmen zu benennen und eine jährliche Bestandsaufnahme in einer Plenumssitzung über die Verbesserungen des Hochwasserschutzes an den Oberläufen vorzunehmen.

Um auf den Haushalt zurück zu kommen. Der Verwaltungshaushalt ist unseres Erachtens auf Kante genäht. Einzig die Personalkostensteigerung fällt auf, was aber mit einem Wert von 28,3 % an den Gesamtverwaltungskosten noch ein akzeptabler Betrag ist. Ohne eine Verwaltungsreform, Frage: „brauchen wir z. B. zwei Bürgerbüros“?, wird sich in dieser Hinsicht wohl nichts ändern.

Wenn ich von Personalkosten spreche, so denke ich natürlich sofort an das Klinikum. In der letztjährigen HH-Rede hatte ich alle Parteienvertreter gebeten das Klinikum aus dem Kommunalwahlkampf heraus zu halten. In einer überparteilichen Absprache waren wir uns unter anderem einig, dass durch eine Auflösung der Servicegesellschaft niemand finanziell schlechter gestellt werden darf. So weit, so gut, wenn da nicht die ÖDP wieder einmal mittels Zeitungsschlagzeile diese interne Absprache als eigenen Gedankenblitz verkauft hätte. Das nenne nicht nur ich, sondern viele hier im Saal, Populismus.

Mit einigen Ansätzen im Vermögenshaushalt sind wir als Grüne Fraktion nicht einverstanden. Wir verstehen nicht, warum im nächsten Jahr die Stadt Passau für nur zwei Kunstrasenplätze über 1 Mio € ausgeben muss. Obwohl alleine im Jahr 2014 ca. 700.000 € für den Erhalt und die Verbesserung von Brücken und Straßen im Stadtgebiet eingestellt werden, sind in der mittelfristigen Finanzplanung weitere 3,2 Mio € für neue Straßen eingeplant. Ein Umdenken in Richtung öffentlicher Nahverkehr ist aus unserer Sicht leider nicht erkennbar.

Nach 10 Jahren Mitgliedschaft im Finanzausschuss vermisse ich nach wie vor eine planmäßige Haushaltskonsolidierung. Der vom Rechnungsprüfungsamt vorgeschlagene Schuldentilgungsplan wurde im Ausschuss wegen „Unrealisierbarkeit“ abgelehnt. Die durchaus mögliche Alternative „Schuldenabbau“ wäre halt etwas unpopulärer als die Einweihung von Sportplätzen und Straßenabschnitten. Liebe K. u. K., ich darf noch einmal die nackten Zahlen in Erinnerung rufen. 6 Mio € Kreditzinsen im Jahr bedeuten 16.500 € Zinszahlung pro Tag. Eine Reduzierung unserer Schulden um nur 10 Mio € auf dann 140 Mio € ergäbe folgenden Effekt: Wir hätten pro Jahr 400.000 € mehr Investitionskapital oder 1.100 € jeden Tag für freiwillige Leistungen zur Verfügung. Ich möchte zu diesem Beispiel Manfred Rommel zitieren, der einmal sagte: „ Wir haben ein Problem mit Soll und Haben: Wir sollten, aber wir haben nicht.“ Dieses Zitat eines ehemaligen CDU-Oberbürgermeisters darf sich im besonderen die Passauer CSU hinter die Ohren schreiben. Immer nur neue Ausgaben fordern und keine Deckungsvorschläge einreichen und dann wegen der hohen Schulden den Haushalt ablehnen, das hat rein gar nichts mit der Wirklichkeit zu tun.

Der zweifelsfrei sehr hohe Schuldenstand der Stadt Passau hat, und das ist Fakt, auch ein strukturelles Problem bei den Einnahmen, die regelmäßig unter dem Landesdurchschnitt liegen. Gleichzeitig hat sich die Stadt aber den Aufgaben und Anforderungen eines Oberzentrums zu stellen. Das dafür benötigte Geld fehlt. Eine Änderung zu Gunsten der Stadt, durch eine Änderung des kommunalen Finanzausgleichs bzw. durch eine Aufstockung der Schlüsselzuweisung ist überfällig. Die gesetzliche Einführung einer Schuldenbremse läßt für uns allerdings nichts Gutes erwarten. Deshalb darf ich noch einmal an das Motto des heurigen Städtetages erinnern: „Ohne Stadt ist kein Staat zu machen“.

Zum Schluss meiner Rede gehen meine Gedanken nach vorne. Wie wird bzw. wie soll Passau in 10 oder 20 Jahren ausschauen? Willi Brand hat einmal gesagt: „Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist sie zu gestalten.“ In diesem Sinne wird die  Fraktion der Grünen fleißig auch im künftigen Stadtrat mit Ihnen und der Verwaltung gerne zusammen arbeiten. Der vorliegende HH-Plan entspricht zwar nicht in allen Ansätzen unseren Vorstellungen; er ist aber eine gute Grundlage für das Jahr 2014. Aus diesem Grund stimmen wir dem Beschlussvorschlag zu.

Karl Synek

für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen