Haushaltsrede 2021

Vom Inn am Mahnmal vorbei Richtung Ampel das übliche Bild: Stoßstange reiht sich an Stoßstange. Zäh bewegen sich die Autos Richtung Innenstadt und in die Innstadt. Die Traube an Personen an der Ampel wächst auf beiden Seiten. Es bleibt Zeit, um den Blick noch einmal auf den Spielplatz und die wunderschöne Kastanienallee schweifen zu lassen. Irgendwann ist es dann so weit und die Autos, Busse und Lkws werden ausgebremst und die Fußgänger*innen und Radler*innen kriegen grünes Licht. Endlich.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

warum diese Szene? Sie beschreibt für mich passend die Situation in Passau: Passau erstickt von Jahr zu Jahr mehr im Verkehr. Lösungen sind nicht in Sicht. Wir diskutieren immer noch über den unnötigen Hochwasserschutz an der Innpromenade. Bei den großen Themen Mobilitätswende und Klimaschutz herrscht in Passau Stillstand.

Der uns heute vorliegende Haushaltsentwurf ist solide und ließe sicher jede Kämmerei beruhigt auf ihre Arbeit blicken. An dieser Stelle geht der Dank unserer Fraktion an Herrn Denk und Kolleg*innen. Wir, die wir die Verantwortung im Stadtrat tragen, sind aber keine Finanzverwaltungsangestellten, wir sind die gewählten Vertreter*innen der Menschen in Passau und entsprechend nicht nur der kameralistischen Solidität, sondern auch der Zukunftsentwicklung verpflichtet. Genau hier setzt unsere Kritik an diesem uns vorliegenden Haushaltsentwurf an.

Bestes Beispiel, das Klimaschutzkonzept. Ja, wir haben jetzt ein Klimaschutzkonzept. Ja, wir stellen dafür über eine Million Euro in den Haushalt ein. Aber dennoch sind wir damit nicht zufrieden. Warum?

1. Entscheidend ist, ob und wie wir das Geld ausgeben. Ich habe zum Beispiel kein Verständnis dafür, dass wir GRÜNEN konkret beantragen mehr Geld für den Ausbau der E-Ladesäulen in die Hand zu nehmen und das dann abgelehnt wird. Da wir aber auch nur finanziell begrenzte Mittel haben, wäre unser Vorschlag gewesen: Bei den Maßnahmen auszurechnen wie viel Klimaschutz wir für einen investierten Euro kriegen. So hätten wir dafür gesorgt schnell und effektiv beim Klimaschutz was vorwärtszubekommen. Und jetzt? Warten wir mal ab, bis etwas umgesetzt wird. 

2. Selbst, wenn wir das Konzept umsetzen, kommen wir damit nicht auf den 1,5-Grad-Pfad. Wir als Kommune verfehlen unseren Beitrag zum Klimaschutz.

3. Eine Mehrheit im Stadtrat entscheidet bei der erstbesten Gelegenheit doch wieder gegen das Klimaschutzkonzept. Beispiele gefällig? Beim Vergabeverfahren werden Umweltbelange weiterhin nicht berücksichtigt. Keine Berücksichtigung von Umweltaspekten! Das haben Stadträt*innen abgelehnt, die zugleich dem Klimaschutzkonzept zugestimmt haben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Klimaschutzkonzept bei Maßnahme 100 mit dem Titel „Anforderungskatalog Beschaffung für Stadtverwaltung und Töchter“ heißt es bei Zielsetzung „100% nachhaltige Produkte und Dienstleistungen“ und weiter bei Meilenstein(e) „bis Herbst 2021 Bewertung aller Dienstleister hinsichtlich Nachhaltigkeit, Anfang 2022 Übergabe Anforderungskatalog, Auswahlverfahren und gegebenenfalls Neuvergabe der Aufträge an Serviceunternehmen, die alle Kriterien erfüllen“. Als weiteres Beispiel nenne ich auch die neue Stellplatzsatzung. Statt die Leitplanken für weniger Autos in der Innenstadt zu setzen, machen wir das Gegenteil: Wir preisen mehr Stellplätze ein! Was für eine Fehlentwicklung.

Ich wage mal den Blick in die Glaskugel und behaupte, es wird sich eine Mehrheit im Stadtrat noch öfter gegen die konkrete Umsetzung des Klimaschutzkonzepts entscheiden.

Auch die Behauptung mehr Klimaschutz sei in Passau nicht möglich, spiegelt dabei die Mut- und Ambitionslosigkeit dieses Konzeptes wider. Ein zielführendes Klimaschutzkonzept ist jedoch längst kein Nice-to-have mehr. Es sollte die Grundlage bilden für die zukünftige Lebensqualität in unserer Stadt. 

Und offensichtlich ist auch, dass wir in Passau unser Verkehrsproblem nicht in den Griff bekommen werden. Das Klimaschutzkonzept wäre eine tolle Gelegenheit gewesen hier alle Maßnahmen zu bündeln, die den Verkehr betreffen. Also auch die Optimierung der Geh- und Radwegmarkierungen, die Förderung von Sharing Angeboten im Bereich Mobilität, ÖPNV – Verkehrsverbund mit Landkreis, den Ausbau E-Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum und die Verzahnung von P&R sowie B&R mit Randgemeinden&Landkreis zu priorisieren.

Wobei wir haben ja erst vor einigen Wochen gelernt: Uns fehlt das Personal, um zum Beispiel beim Radverkehrskonzept schneller voranzukommen. Ich wiederhole: Wir haben bei der Verkehrsplanung zu wenig Personal! Das gibt die Stadtverwaltung auch zu. Und das wird so bleiben, weil es der Oberbürgermeister und einige Kolleginnen und Kollegen zulassen. Das ist verantwortungslos. So schauen wir zu, wie Passau mehr und mehr im Verkehr erstickt. Und da können wir noch so viel Geld genehmigen, oder Anträge stellen, sie könnten nicht umgesetzt werden und das Geld nicht ausgegeben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

versäumt hat es eine Mehrheit im Stadtrat auch seit Jahren genügend Geld für den Tierschutz in die Hand zu nehmen. Auch unser Tierheim ist permanent unterfinanziert. Wir brauchen uns also gar nicht wundern, dass es jetzt möglicherweise einen erheblichen Sanierungsstau und Probleme hat. Aber es ist unsere Aufgabe als Kommune einem Tierheim genügend Geld zur Verfügung zu stellen. Circa 35 Cent pro Einwohner*innen reichen nicht aus! Das ist Fakt! Ein Tierheim braucht von uns einen Euro pro Einwohner*in, um einigermaßen über die Runden zu kommen.
Und es ist auch unsere Aufgabe für ein ordentliches Tierheim zu sorgen: Für die Unterbringung und Pflege von Fundtieren, gefährlichen Tieren und Unterbringung von Welpen aus tierschutzwidrigen Transporten sind wir als kreisfreie Stadt verantwortlich. 
Zu sagen, „ja, die bringen wir halt in einem anderen Heim unter“, ist keine Lösung auf Dauer.
Deshalb mein Appell: Unabhängig vom Träger des Tierheims, müssen wir dafür in Passau mehr Geld ausgeben.
1 Euro pro Einwohner*in statt 35 Cent!

Nicht verständlich ist zudem, warum die Stadt Passau die Zuschüsse für soziale Einrichtungen seit Jahren nicht erhöht. Aufgrund unserer Initiative wurden im vergangenen Jahr immerhin für einzelne Vereine und Initiativen die Zuschüsse erhöht. Aber mehr, wie ein Tropfen auf den heißen Stein ist das auch nicht.

Einige Punkte möchte ich noch kurz ansprechen:

Es ist nicht nachvollziehbar, wie sich eine Mehrheit der Stadträt*innen hinsichtlich der Straßennamen Max-Matheis und Watzlikring verhält. Hinweistafeln unter dem Straßennamen, im Ernst!? Nach dem Motto „ein bisschen Nazi ist nicht schlimm“? Nach Jahren des Zauderns ist hier nur eine Lösung vertretbar: Lasst uns die Straßen umbenennen.

Wir müssen uns auf unsere Stadtwerke aufpassen. Deshalb hätten wir es gut gefunden, diese finanziell noch besser zu unterstützen. Es ist beispielsweise auch nicht nachvollziehbar, warum sie bei dem Projekt autonom fahrender Bus-Shuttle nicht mit im Team sind.

Und um das hier noch einmal klarzustellen, wir begrüßen grundsätzlich jede Sanierung einer Sportstätte. Aber es wird doch noch erlaubt sein, in Ausschüssen zu fragen, ob’s beim Oberhaus nicht auch etwas kostengünstiger ginge.

Doch natürlich gibt es auch Entwicklungen, die wir gutheißen:

  • Pflegestützpunkt, hier stellen wir 35.000 € als Planungskosten ein. 
  • Geld für inklusive Spielplätze
  • Tunnel für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen durch den Georgsberg

Zusammenfassend bleibe ich in Absprache mit meiner Fraktion bei der Bewertung: Der Haushalt ist solide. Aber er wird den Herausforderungen der Zukunft nicht gerecht.
Insbesondere hinsichtlich Klima- und Artenschutz, Energie- und Verkehrswende sowie eines nachhaltigkeitsorientierten Strukturwandels packt dieser Etat nicht in ausreichendem Maße an.

Wir leben in Zeiten enormer Herausforderungen, wir leben damit in einer Ausnahmesituation und wir müssen etwas dafür tun, dass wir in dieser besonderen Situation auch besonders handeln. Genau dies drückt dieser Haushalt nicht aus. Wir verharren auf der Stelle!

Da wir uns aufgrund der Pandemie unserer besonderen Situation bewusst sind, weiterhin zusammen mit fast allen Fraktionen das Beste für die Stadt erreichen wollen, stimmen wir dem Verwaltungshaushalt zu.

Aber wir können es nicht verantworten dem Vermögenshaushalt zuzustimmen.
Dieser Etat adressiert weder ernsthaft das Thema des Klimawandels, der Energiewende, des grassierenden Flächenverbrauchs, des sozialen und demografischen Wandels, eines nachhaltigkeitsorientierten Strukturwandels noch einer herausfordernden Mobilitätswende.

Es fehlt der Wille und Mut die Zukunft zu gestalten!

Stefanie Auer
Fraktionsvorsitzende für Bündnis90/Die Grünen

Es gilt das gesprochene Wort.