Stadträte wollen Flutmauer am Inn stoppen

Gibt es solche Bilder von der Innpromenade nicht mehr, wenn sie von einer Flutschutzmauer zerschnitten wird? Das befürchten 18 Stadträte und fordern deshalb, die Planung zu stoppen. -Foto: Archiv Rott

Parteiübergreifend beantragen 18 Ratsmitglieder, dass die Stadt den umstrittenen Hochwasserschutz nicht baut

Schluss, Aus, Stopp! Die Stadt Passau soll die Planungen beenden, an der Innpromenade eine Hochwassermauer zu bauen. Diesen Antrag haben 18 Stadträte unterschrieben und ins Rathaus geschickt. Sie wollen damit auch vermeiden, dass weitere hunderttausende Euro in Gutachten und Planvorschläge gesteckt werden.

Das Vorhaben ist von Anfang an umstritten. Immer wieder fordern Einzelne und auch Gruppen wie das „Forum Passau“, die beliebteste Flaniermeile der Stadt nicht durch ein Betonwerk zu zerstören.

Der jetzige Antrag ragt heraus, weil er parteiübergreifend gestellt wird von von drei Fraktionen (Grüne, ÖDP, Passauer Liste) und zwei Einzelmitgliedern (Josef Ilsanker, Die Linken, und Jonas Weidenthaler, „Zukunft Passau“).

Entscheiden wird darüber der Stadtrat, also nicht das Bauamt oder OB Jürgen Dupper allein, der wohl der oberste Befürworter der Flutschutzmauer am Inn ist. Er sieht sich in der Pflicht, nach dem Katastrophen-Hochwasser 2013 jede Möglichkeit zu nutzen, Teile der Stadt vor einer neuen Überschwemmung zu schützen.

Die Antragsteller dagegen sagen: Schützen lieber durch Retentionsflächen an den Oberläufen und nicht durch Zerstörung des kleinen Paradieses am Inn, das den Passaus Schulden ein weiteres Millionenprojekt hinzufüge, das weite Teile der Bevölkerung ablehnen.
Und so lautet ein wesentlicher Absatz des Antrags: „Das Kosten-Nutzen-Verhältnis stimmt nicht mehr. Die ursprünglich veranschlagten Kosten werden sich nach den bisherigen Erfahrungen auf mindestens 16 Mio. Euro verdoppeln. Das heißt, auch der Anteil der Stadt von 50 Prozent (35 Prozent sofort und 15 Prozent in Raten) wird wesentlich höher ausfallen. Allein die veranschlagten 600000 Euro für die nächsten Voruntersuchungen sind im Zuge der coronabedingten Sparmaßnahmen nicht vermittelbar.“
Ins Rollen gebracht hat den Antrag Karl Synek. Als pensionierter Finanzbeamter und Galionsfigur der Grünen vereint er diese beiden Hauptkomponenten in seiner Person: Naturschutz und Geld. Er verweist auf Kostenexplosionen bei den bereits gebauten Hochwasser-Schutzmaßnahmen, wie etwa Hacklberg. Dort sind im Untergrund massive Betonbauwerke aufgetaucht, die abgebrochen werden mussten und die Baustelle länger und teurer gemacht haben. „Wir sind doch durch solche Sachen g’scheiter geworden, die bisherigen Hochwasser-Maßnahmen sind teilweise viermal teurer geworden als veranschlagt“, sagt Synek. Und wenn die Kostenansätze realistisch angesetzt wären und nicht utopisch niedrig, dann hätte der Staat der Stadt auch keine so hohen Zuschüsse versprochen.

Kosten sind das eine, Naturschutz das andere. Doch über alles stellen die 18 Antragsteller den Willen der Passauer: Den Bürgern gehe es um ein wertvolles Stück Heimat, „einen liebgewonnenen Ort für alle Einwohner der Stadt, der seit Generationen Zusammenhalt, Tradition und Wohlbefinden vermittelt. Die vorgesehene Planung des Büros Tauber zerstört dieses Naherholungsgebiet durch Aufschüttungen von Erdreich, dem Errichten von Mauern, dem Fällen von Bäumen und durch die Vernichtung von Rasenflächen und Blumenrabatten. Esgibt mehr als ein Dutzend gute Gründe, diesen enormen Eingriff in die Stadtlandschaft abzulehnen.“
Das Absägen von wenigstens zehn Alleebäumen zerstöre das Naturdenkmal Innpromenade. Durch die 10 bis 12 Meter tiefe und breite Baugrube werden die Wurzeln der Bäume daneben so geschädigt, dass wohl im Lauf der Jahre viele von ihnen gefällt werden muss, befürchten sie weiter.
Die Mauerböschung, die Mauer selbst und der Versorgungsweg verkleinern die Aufenthaltsfläche um 1000 Quadratmeter. „Die Sicht auf den Inn wird durch teilweise mannshohe Mauern nur noch eingeschränkt möglich sein.“
Während des Baus, der mehrere Jahre dauere, werde der Verkehr von und zur Innstadt erheblich behindert. „Der Kinderspielplatz muss geschlossen werden und er wird danach ohne die schattenspendenden Bäume nicht mehr die Qualität von heute haben“, heißt es in dem Antrag.
Als 5. Punkt führen die Stadträte an, dass die Mauer praktisch keinen Mehrwert für die betroffenen Hauseigentümer bringe. „Viele der 50 Hausbesitzer haben ihr Eigentum mit großzügiger Hilfe des Staates in den vergangenen Jahren durch verschiedene Maßnahmen schon selbst geschützt. Aus diesem Grund sind auch viele der Betroffenen gegen den Bau einer Hochwasserschutzmauer.“ Außerdem sei es möglich und zumutbar, sein Haus selbst gegen Hochwasser zu versichern. „Für etwa die Hälfte dieser Häuser bleibt alles wie bisher, denn die Keller laufen auch mit Hochwasserschutz voll.“
Der 6. Punkt: „Der Stadtrat hat alle seine Entscheidungen unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit und Gerechtigkeit zu treffen. Es ist deshalb nicht darstellbar, wenn weite Teile der Altstadt, der Innstadt und Hals ohne Hochwasserschutz verbleiben müssen, obwohl diese Stadtteile wesentlich öfter von dieser Naturkatastrophe betroffen sind.“ Die eingesparten Millionen sollten allen Betroffenen zugute kommen. Negative Auswirkungen auf die Marienbrücke, die Innstadt und die Altstadt können nicht ausgeschlossen werden.
7. Punkt: Im Katastrophenfall müsste – wegen der Gefährdung durch Bruch der mobilen Elemente – nicht nur die Gottfried-Schäffer-Straße gesperrt werden, sondern der ganze Bereich trotz der Schutzmauer evakuiert werden.
Und 8.: „Vollkommen ungeklärt ist, ob ein massiver Eingriff mit bis zu 10 Metern tiefen Absperrungen in ein komplexes hydrologisches System nicht negative Konsequenzen für die Fundamente und die Bausubstanz an Häusern zwischen Inn und Donau hat. Das Wasserwirtschaftsamt übernimmt jedenfalls für diesen Fall keine Haftung.“
Es wäre wesentlich sinnvoller, wenn sich die Stadt Passau stärker einsetzen würde, den Wassermassen an den Oberläufen von Inn und Donau mehr Raum zu geben. „Hier sehen wir den Freistaat in der Verantwortung und hier fordern wir Lösungen.“

Quelle: Passauer Neue Presse vom 04.01.2021
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