Schiffe und ihre Schattenseiten

Grünen-MdB Stefan Schmidt hörte sich die Sorgen der Anwohner an – Klare Forderungen gestellt

Abgase, die den Anwohnern die Luft zum Atmen rauben, Rauchschwaden, die in Gassen und Wohnungen ziehen, und zu allem Überfluss noch unerträglicher Lärm. So reizvoll es sein mag, im Herzen der Stadt in unmittelbarer Nähe zur Donau zu wohnen – die Schiffe mit ihren Nebenwirkungen stinken den Anwohnern gewaltig, im wahrsten Sinne des Wortes.

„Das schadet unserer Gesundheit, wir wollen das nicht länger ertragen“, lautete der Tenor der Betroffenen, die sich gestern Vormittag auf Einladung des Kreisverbandes Passau Stadt von Bündnis 90/Die Grünen am Rathausplatz versammelt hatten. Vor Ort war Bundestagsabgeordneter Stefan Schmidt, um die Lage zu sondieren und die Ergebnisse seiner Anfrage zum Thema „Aktuelle Entwicklungen im nationalen Flusskreuzfahrttourismus“ vorzustellen, die er zusammen mit einem Kollegen an den Tourismusausschuss des Bundestages gestellt hatte.

Ernüchternd seine bisherigen Ergebnisse. „Wir haben viele Fragen gestellt, aber wenig Antworten bekommen“, bedauerte Schmidt. „Es gibt 58 deutsche Schiffe, wie viele ausländische auf den nationalen Gewässern unterwegs sind, weiß niemand. Die deutschen Schiffe sind im Durchschnitt 18 Jahre alt, von den ausländischen gibt es keine Altersangaben. Nur zwei der 58 deutschen Schiffe wurden abgasnachbehandelt, was mit internationalen ist, Fehlanzeige. Keine Zahlen kann die Bundesregierung liefern, wie viele Schiffe in Passau anlanden“, sagte er. Zumindest habe man ihm verraten können, dass die Schleuse Jochenstein im vergangenen Jahr den Spitzenwert der vergangenen fünf Jahre erreicht und über 20 Prozent mehr Schiffe geschleust wurden als noch im Vorjahr. „Allein dieser Anstieg erfordert enormen Handlungsbedarf“, betonte Schmidt.

Zu Abgasen, Stickoxiden, Feinstaub, Lärm, über die Anwohner stöhnten, käme der Ruß, stellte er desweiteren fest. Mit Spannung erwartet der Bundestagsabgeordnete der Grünen deshalb den angekündigten Masterplan des Verkehrsministeriums, der in drei Wochen veröffentlicht werden soll. Große Hoffnung knüpft er nicht daran. „Ich habe da so meine Zweifel, dass es nicht mal ein Plänchen wird, sondern nur bei Absichtserklärungen bleibt. Hier fehlt es ganz eindeutig an Wissen“, kreidet Schmidt an. Denn es gebe konkret keine Angaben im Hinblick auf die Stickoxide der Schiffe, die am Ufer ankommen. Dass da keine Messungen stattfinden, wertet er als „Unding“.

Bernd Sluka, Vorsitzender des VCD Landesverband Bayern, räumte ein, dass Stickoxidmessungen schwierig seien, „weil man den Straßenverkehr immer mit dabei habe“. Was er selbst jedoch bereits ermitteln konnte, war die Feinstaubbelastung durch Schiffe. Sein alarmierendes Ergebnis: „Bei Frachtschiffen sind die Feinstaubemissionen so schlimm wie beim Passivrauchen – und das ist ordentlich.“

Altstadtbewohnerin Isabelle Logelin wundert es nicht: „Essind schon einige Familien weggezogen, vor allem wegen der Kinder. Man muss sich um die Gesundheit Sorgen machen, das ist unzumutbar hier“, betonte sie. Auch sie trägt sich mit dem Gedanken, der Altstadt den Rücken zu kehren.

Als Beitrag zur Verbesserung der Situation sieht Karl Synek, Fraktionschef der Grünen im Stadtrat, den Ausbau der Landstromversorgung. „Vor langer Zeit haben wir Anträge gestellt, die Stadtwerke haben darauf reagiert und nun wird versucht, Schiffe, die auch in dritter Reihe stehen, zu versorgen. Das war bisher nicht der Fall.“ Seine Forderungen, die bei den Anwohnern einmütig Beifall fanden: Die Stadt soll denjenigen Schiffen, die nicht an die Landstromversorgung anschließen können, das Recht aufs Anlegen verwehren. Denn es könne nicht sein, dass sie mit ihren Abgaswolken aus den laufenden Dieselmotoren Stadt und Bevölkerung einnebeln. Außerdem will er optimale Filteranlagen für die Schiffe als Voraussetzung fürs Anlegen ab der nächsten Saison zur Pflicht machen.

Bemängelt wurde von den Anwohnern auch der lange Zeitraum, bis die Schiffe an die Landstromversorgung angeschlossen seien. „Da vergeht oft eine Stunde“, stellte Georg Elsinger vom Anger fest. Auch in punkto Belieferung und Müllentsorgung der Schiffe gäbe es Handlungsbedarf. „Das muss doch nicht ausgerechnet an den Anlegestellen an der Ortspitze passieren“, meinte Simone Hoffmann.

Eine Menge Hausaufgaben, die der Bundesabgeordnete mit auf die Rückreise nach Berlin nahm.

Zum Schluss wollte er noch wissen, ob sich die Passauer von den Touristenströmen überrollt fühlten. „Auf keinen Fall dürfen die Schiffe auch noch in vierter Reihe anlegen“, gaben sie ihm mit auf den Weg. Schon jetzt komme man als Einheimischer oft nicht mehr durch die Stadt, wenn die Touristen von drei Schiffen in Zehnergruppen gleichzeitig im Ort ausschwirrten, bemängelte eine weitere Anwohnerin. Mit der Globalisierung kämen neben den Amerikanern jetzt auch immer mehr Chinesen, hat sie festgestellt. Dass der Tourismus für die Stadt ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist, sei ihr bewusst, aber man solle die Geduld der Bewohner nicht überstrapazieren, lautete ihre Warnung.

Quelle: Passauer Neue Presse vom 26.04.2019
Wir danken der PNP für die freundliche Genehmigung der kostenlosen Nutzungsrechte auf unserer Website.