Europaparlamentarier Michael Cramer fordert drastische Senkung des Autoverkehrs in Städten
„Der Verkehr in Europa ist zu billig, der umweltfreundliche ist zu teuer. Ohne eine Veränderung der Mobilität werden wir den Klimawandel nicht bekämpfen können.“ Das hat der grüne Europaabgeordnete und Verkehrsexperte Michael Cramer auf einer Veranstaltung der Passauer Grünen unter dem Titel „Verkehr und Klima“ in der Peschl-Terrasse betont, zu der auch Vertreter von Stadtteil-Initiativen kamen. Sie zeigte auf, wie Passau eine Stadt mit neuer Mobilität werden kann, die Stau, Feinstaub und Lärm reduziert.
Verkehrspolitik sei Klimapolitik, sagte Michael Cramer. Der Verkehr sei der einzige Sektor, in dem die CO2-Emissionen ansteigen. Er fresse auf, was mit Hilfe von Steuergeldern in anderen Sektoren erreicht wird. Cramer forderte, endlich den Verkehr auf die umweltfreundliche Schiene zu verlagern, um den Klimawandel zu stoppen. Doch aufgrund der verpflichtenden Schienenmaut in Europa werde der Bahnverkehr teuer und der Straßenverkehr billig gemacht, da die Lkw-Maut eine freiwillige Sache der Mitgliedsländer sei. 100 Prozent des Schienennetzes seien bemautet, aber nur ein Prozent des Straßennetzes. Zudem gebe es für die Schiene Steuernachteile, dagegen Subventionen für den Luftverkehr und Privilegien für die Schifffahrt. Er trat für Kostenwahrheit ein.
Cramer forderte mehr Geld für die Schiene, Tempo 30 in Wohngebieten und mehr Radverkehr als Mittel gegen den Stau in den Städten. Mehr als die Hälfte des Güterverkehrs könne auf Cargo-E-Bikes verlagert werden. Nicht-Radler seien dreimal häufiger krank als Radler, lautete sein Plädoyer. Er machte sich für eine europäische Verkehrswende stark.
Wie diese in Passau gelingen kann, zeigten die Vertreter der Stadtteilinitiativen auf. „Angerer“ Max Moosbauer und Philipp Schröder von der Ilzstadt-Initiative machten sich für einen Stadt-Tunnel von Lüftlberg bis zur Ilzstadt stark, der drei Stadtteile verbinde. Schröder stellte das Konzept, die Anbindung, die Zu- und Ausfahrten, Tunnelvarianten und Anliegerstraße sowie die Vorteile vor: Verkehrsentlastung, Hochwasser-, Umwelt-, Lärm- und Gesundheitsschutz, da die Fein-staubbelastung gesenkt werde. Der Tunnel bringe aber auch neue Chancen für den Tourismus sowie 70000 Quadratmeter innerstädtische Fläche für visionäre Stadtentwicklung, um Wohnraum, Spielplätze und Flaniermeile mit Cafès und Biergärten zu gestalten.
Grünen-Stadtrat Boris Burkert, der den Abend moderierte, sah in einem Stadt-Tunnel trotz der hohen Kosten eine „Chance“, die Nordtangente zu verhindern und eine Verbesserung der Lebensqualität zu erreichen. Der Tunnel sei nicht isoliert zu sehen, sagte Moosbauer. Er sei als Modul eines künftigen Verkehrskonzepts gedacht. Auch Fahrradnetze und Schienenverkehr gehörten dazu. Grünen-Landeschef Eike Hallitzky wandte sich gegen Großprojekte und warb für E-Mobilität. Oberstes Ziel solle sein, die Zahl der Autos drastisch zu reduzieren, den Fahrradverkehr und ÖPNV zu stärken, betonte Cramer. „Das Auto mordet unsere Städte. Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten“, zitierte er Hans-Jochen Vogel. Auf die Frage von Eugen Kirch antwortete Cramer, EU-Fördergelder für den Stadt-Tunnel seien möglich. Bernd Sluka, Vorsitzender des Verkehrsclub Deutschland, riet, Bahnlinien wie die Granitbahn zu reaktivieren und zu einer Stadt-Umlandbahn auszubauen sowie E-Bikes zu fördern.
Burkert sah Handlungsbedarf bei den Radwegen. Diese seien in der Stadt „grottenschlecht“. Harry Schmidt favorisierte einen Tunnel für die Innstadt. Kreisrat Toni Schuberl bezeichnete die Stadt-Tunnel-Idee der Angerer als „Supervision“. Hauptziel müsse aber sein, den Verkehr auf Busse, Bahn und Fahrrad zu lenken und für Autofahrer „das Hineinfahren in die Stadt ungemütlich zu machen“, damit es in der City wieder gemütlich werde. Dazu sei es notwendig, die Parkplätze in der Innenstadt zu reduzieren und autofreie Zonen zu schaffen, sagte Cramer. Oslo und Kopenhagen machten es vor. Man müsse somit das Rad nicht neu erfinden. Er wünsche sich Städte, in denen die Mobilität gesichert, das Klima geschützt und die Gesundheit gefördert wird.
Quelle: Passauer Neue Presse vom 10.05.2017
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