Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
die Corona-Pandemie wirkt wie ein Brennglas in allen Bereichen unseres Lebens. Sie zeigt beispielsweise auf, wo bislang Investitionen versäumt wurden und zwingt uns nun dazu den Gürtel beim Haushalt enger zu schnallen. Jede Ausgabe noch präziser abzuwägen und zugleich doch mutig und zuversichtlich in unsere Stadt und in unser aller Lebensqualität zu investieren.
Zwei Positionen möchten wir bei dem Haushalt hervorheben, weil wir sie für sehr wichtig und richtig halten. Das ist zum einen, dass nicht am Ausbau der Kindergartenplätze und beim Georgsbergtunnel für Radfahrer:innen und Fußgänger:innen gespart wird. Warum uns das ist so wichtig ist? Der Bau der Kindergärten in der Innstadt (unabhängig vom Streit rund um seinen Standort) und Haidenhof sind eine wichtige Investition für die Zukunft. Nur bei ausreichend Betreuungsplätzen ist es für Familien möglich ihr berufliches und privates Leben so zu gestalten, wie sie es möchten. Und es darf heutzutage nicht mehr sein, dass am Ende die Care-Arbeit aufgrund fehlender Betreuungsplätze überwiegend an den Frauen hängen bleibt. Leider zeigt uns die Pandemie jedoch, dass wir mit einem Rollback rechnen müssen und dem haben wir als Stadt entgegen zu wirken.
Dass nun endlich der Tunnel für Radfahrer:innen und Fußgänger:innen durch den Georgsberg kommt ist ein starkes und klares Signal. Zeit wird’s, weil eine Mehrheit hier im Stadtrat ihre Entscheidungen weiterhin im Interesse des motorisierten Individualverkehrs fällt. Dabei erstickt Passau Jahr um Jahr mehr an all den Pkws und Lkws und hinkt zugleich hinterher Alternativen zum Auto anzubieten wie Park & Ride, gute, sichere Fahrradanbindungen zu den Landkreisgemeinden sowie innerhalb der Stadt und einen starken sowie attraktiven ÖPNV. Klar, kann man jetzt sagen, „machen wir doch“. Ja schon, aber zu langsam.
Und beim ÖPNV ist es zwangsläufig notwendig über die angeschlagenen Stadtwerke zu sprechen. Am Busfahrplan und bei der Busflotte zu sparen ist, nein darf vielmehr keine Lösung für die Schieflage der Stadtwerke sein.
Wegen der seit Jahren wachsenden Verkehrsunmut in Passau begrüßen wir die zusätzlichen Mittel von einer halben Millionen Euro für Projekte und Maßnahmen aus dem Verkehrsentwicklungsplan. Aber die Lösung darf nicht sein, in neue Straßen zu investieren, dadurch ernten wir nur mehr Verkehr. Nein, das Geld müssen wir in Alternativen zum motorisierten Individualverkehr stecken.
Und neben der Coronakrise dürfen wir nicht die Klimakrise vergessen. Sie hat keine Pause gemacht, sondern sich weiter verschärft und wir können hierbei auch auf keinen Impfstoff hoffen. Wir erwarten hier ein ambitioniertes Klimaschutzkonzept und werden unseren Teil dazu beitragen. Es darf kein kleines Pflaster für eine klaffende Wunde werden. Wir fordern deshalb, dass die nun im Haushalt eingestellten 250.000 € schnellstmöglich zum besseren Schutz unserer Lebensgrundlagen verwendet werden. Wir brauchen mehr E-Lade-Säulen, Schutz und Erweiterung des städtischen Baum- und Waldbestandes, endlich eine Baumschutzverordnung, mehr Dach- und Fassadenbegrünung, eine Erhöhung des Radverkehrsanteils, ein Lkw-Durchfahrtsverbot für die Innstadt und den Anger, Ausbau von Photovoltaik-Anlagen auf städtischen Gebäuden, Umstellung der städtischen Fahrzeuge auf klimaschonende Antriebstechniken, Investitionen in Erneuerbare Energien und eine Strategie für mehr Grün in der Stadt. All das gilt es zügig umzusetzen und sich hierbei ambitionierte Ziele zu setzen. Denn eins ist klar: Meine beispielhafte Aufzählung zeigt, dass wir uns als Stadt der Verantwortung stellen müssen und nicht mit den Schultern zucken können nach dem Motto „ja mei, gell, was sollen wir da tun“. Das Klimaschutzkonzept wird an seiner Umsetzung und konkreten Erfolgen zu messen sein.
Und jeweils in einem Satz ist es notwendig hervorzuheben:
- Wir müssen uns in unseren städtischen Seniorenheimen dafür einsetzen, dass die Senioren und Seniorinnen dort nicht vereinsamen sowie Physiotherapie und ähnliches ermöglichen.
- Es wird Zeit, dass die Stadt schnellstmöglich die Finanzierung regelt, damit das Passauer Frauenhaus erweitert werden kann.
- Wir die Planungen des Hochwasserschutzes an der Gottfried-Schäffer-Straße einstellen.
Neben den Bereichen Verkehr und Klimaschutz möchte ich noch das Thema sozialer Zusammenhalt zum Schluss meiner Rede hervorheben.
Wir dürfen nicht darauf warten, bis jemand um Hilfe bittet, sondern können ruhig auch mal proaktiv werden. Es ist unsere Verantwortung als Stadträte und Stadträtinnen eigene Schwerpunkte zu setzen und diese zu vertreten. Deshalb war es uns wichtig, dass bspw. die städtischen Zuschüsse für den Verein Igel, die Caritas Bahnhofsmission, Kinderschutzbund, Diakonische Werk Beratungsstelle, Caritas Alkohol- und Drogenberatung sowie das Verfügungsgeld im Bereich Streetwork erhöht wird. Das ist so wichtig, weil gerade viele Einrichtungen die Spenden wegbrechen und zugleich der Beratungsbedarf schon jetzt steigt und sehr wahrscheinlich noch weiter steigen wird.
Unter den außergewöhnlichen Bedingungen ist dieser Haushalt für uns akzeptabel. Zu messen wird er am Ende allerdings daran sein, was mit den Mitteln in den Bereichen Verkehr- sowie Umwelt- und Klimaschutz tatsächlich passiert ist. Denn die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie werden nun hoffentlich im Laufe des Jahres abnehmen und wir uns abhängig von unserer Betroffenheit in Monaten, möglicherweise leider gar Jahren erholen. Aber für Passau sehe ich in den Bereichen Verkehr sowie Umwelt- und Klimaschutz noch keinen Grund Hoffnung zu schöpfen. Wenn wir jetzt nicht handeln, werden uns die Folgen aus dem Klimawandel und Artensterben mehr kosten als hier gegenzusteuern.
Wir Grüne begrüßen aufgrund der Covid-19-Pandemie die umsichtige Haushaltsführung der Stadt. Deshalb sei ein Dank für die Erstellung des Haushaltes an die Kämmerei sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für die Unterstützung in vielerlei Hinsicht ausgesprochen.
Aufgrund der Anpassung der Zuschüsse im sozialen Bereich sowie eingestellten Mittel für Projekte und Maßnahmen aus dem Verkehrsentwicklungsplan und im Zusammenhang mit Umwelt- und Klimaschutz stimmen wir diesem Haushalt zu. Und dies obwohl wir trotz unseres großen Stimmenzuwachses bei der Kommunalwahl kein Teil der Gestaltungsmehrheit sind, die nun aus SPD, CSU, FWG und FDP besteht. Die Zustimmung ist daher wie ein Vorschuss an Vertrauen in die Stadtratskollegen und -kolleginnen sowie Verwaltung zu verstehen. Aber es wird sich erst in einem Jahr herausstellen, ob wir genügend Geld in den Bereichen Umwelt- und Klimaschutz sowie Mobilität investiert haben. Was wir brauchen ist ein ambitionierter Klimaschutz, eine Mobilitätswende und eine vorausschauende, verantwortungsvolle Entwicklung unserer Stadt.
Stefanie Auer
Fraktionsvorsitzende Bündnis90/Die Grünen
Es gilt das gesprochene Wort.
Passau, 8. Februar 2021