Grüne beantragen erneut Baumschutzverordnung

Das grüne Passau, eine der schönsten und grünsten Städte der Welt – hier der Bschüttpark, genauso aber auch in unzähligen privaten Gärten. Warum sollte es da einer Verordnung mit Pflichten und Strafen bedürfen, fragen die vielen Gegner einer Baumschutzverordnung. -Foto: Seider

Seit 20 Jahren gibt es immer wieder Versuche, doch alle sind gescheitert – Weil es die Bevölkerung so will, sagt die Stadt

Auch in dieser Stadtratsperiode beantragen die Grünen eine Baumschutzverordnung. So eine Verordnung hatte zuletzt vor zwei Jahren der damalige Stadtrat abgelehnt, auch damals ein Antrag der Grünen (2019). Weitere zehn Jahre zuvor war ein ähnlicher Versuch der ÖDP in einem regelrechten Proteststurm der Bürger, Haus- und Gartenbesitzer untergegangen (2009). Vor 20 Jahren hatte der Stadtrat die alte Verordnung aufgehoben (2001).

An den Eklat 2009 erinnert sich das städtische Umweltreferat heute noch. Es lehnt den neuerlichen Grünen-Antrag mit dem Verweis auf die „äußerst geringe Akzeptanz einer Baumschutzverordnung in der Bevölkerung“ ab. Sie bringe auch in der Sache nichts außer Bürokratie und viel Aufwand.

2009 gab es einen Eklat:“Gängelei“, „Abzocke“

Die Argumente für und gegen eine Baumschutzverordnung sind immer die gleichen geblieben. Den neuen Antrag der Grünen vertreten nun Karl Synek, der dies auch schon beim letzten Scheitern 2019 tat, und die neuen Fraktionsmitglieder Stefanie Auer, Dr. Stefanie Wehner und Matthias Weigl. Laut Antrag soll der Stadtrat die Verwaltung anweisen, den Entwurf einer Baumschutzverordnung zur Diskussion vorzulegen, ausdrücklich inklusive einer Kostensatzung für Verstöße. In der erwünschten Diskussion sollten dann alle relevanten örtlichen Umweltverbände angehört werden. Behandelt wird der Antrag kommenden Mittwoch im Ausschuss für Klima und Umwelt.Private und öffentliche Baumbesitzer pflegten ihre Bäume in der Regel und wollten sie so lange wie möglich erhalten, erkennen die Grünen an. Dennoch gebe es Gründe, Bäume zu fällen. Die Verordnung soll Bäume schützen, aber auch die Interessen der Bürger berücksichtigen. Als Grundlage für einen Entwurf sehen die Antragsteller die alte Satzung von 1992 vor, die schon lange nicht mehr gilt. Vor 20 Jahren hob der Stadtrat die alte Baumschutzverordnung auf (2001). Doch schon 2003 gab es Bestrebungen sie wieder einzuführen, damals maßgeblich betrieben von Paul Kastner (ÖDP).

Ein regelrechtes Desaster folgte 2009. Aus der Bürgerschaft erhob sich ein Sturm gegen die Wiedereinführung der Baumschutzverordnung. Beim Grundbesitzerverein gingen über 400 teils hellauf empörte Zuschriften dagegen ein („Gängelei“, „Abzocke“) – und sieben dafür. Urban Mangold (ÖDP) sah sich gezwungen, vom eigenen gut gemeinten Antrag abzurücken und entschuldigte sich sogar. Auch der letzte Grünen-Antrag 2019 ging deutlich unter und wurde im Umweltausschuss mit großer Mehrheit abgelehnt.

Erneut weisen die Antragsteller nun auf die Bedeutung des Baumschutzes hin. Sie nennen auch Aspekte wie „Bewusstseinschaffung bei der Bevölkerung für die Bedeutung der Bäume“. Fällungen sollen nur mit guter Begründung und mit verpflichtender Ersatzpflanzung möglich sein.

Dass dem Baumbesitzer „Bewusstsein“ gelehrt werden muss, dass er den Griff zur Säge begründen und dafür um Erlaubnis bitten muss, dass eine Ersatzpflanzung Pflicht würde und Strafen drohen – genau das hatte die Haus- und Grundbesitzer so auf die Palme gebracht: Dass Passau eine der schönsten und grünsten Städte der Welt ist, sei doch wohl neben der öffentlichen Hand niemand anderem als den privaten Baumbesitzern zu verdanken. Sie bräuchten alles andere als Belehrung über die Bedeutung von Bäumen und Gängelei bei der Gartengestaltung.

Baumbesitzer belehren über den Wert von Bäumen?

Das Umweltreferat erinnert an den erheblichen Aufwand für den Vollzug der Baumschutzverordnung von 1992. Jährlich verwandte die Verwaltung 75 Arbeitstage nur auf die Erfüllung der Vorschriften aus der Baumschutzverordnung und deren Überwachung – mit dem Ergebnis, dass 95 Prozent der gestellten Anträge ohnehin zu genehmigen waren und die Säge angesetzt werden durfte. Für den gar nicht gefährdeten Erhalt von Passaus Bäumen war mit der Verordnung praktisch nichts getan, für die Pflege und den Ausbau der Bürokratie aber sehr viel.

Dahin will die Verwaltung nicht zurück, schon gar nicht gegen den Willen von Grundstückseigentümern. Denn ohne die gehe es überhaupt nicht. Umgekehrt sei aber davon auszugehen, dass eine Baumschutzverordnung kontraproduktiv wirkt: Viele Grundbesitzer würden nach eigenen Angaben Bäume nur deshalb fällen, um einer drohenden Baumschutzverordnung zuvorzukommen.

Quelle: Passauer Neue Presse vom 07.06.2021
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