Gelebte Demokratie in der Redoute

Die OB-Kandidaten Sigi Kapfer (FWG, v.l.), Matthias Koopmann (PaL), Georg Steiner (CSU), Christa Tausch (FDP), Stefanie Auer (Grüne), Josef Ilsanker (Linke), Jürgen Dupper (SPD) und Urban Mangold (ÖDP), in der Mitte Moderator Wolfgang Lampelsdorfer. -Fotos: Jäger

Auf dem PNP-Podium stellten sich alle acht OB-Kandidaten der Diskussion – Diskussion ohne Untergriffigkeiten

Wie sollen so viele Themen, Fragen und Meinungen in zwei knappe Stunden gepresst werden? Das war die große Frage vor der PNP-Podiumsdiskussion am Dienstagabend in der Redoute. Bei acht Oberbürgermeisterkandidaten ein fast unmögliches Unterfangen. Dass trotz der beschränkten Zeit klare Aussagen getätigt wurden, Platz für Diskussion blieb und diese dann auch noch ohne (größere) Untergriffigkeiten auskam, hat gezeigt: Die Passauer dürfen sich freuen auf diese Wahl.

Am selben Tag, an dem der erste Coronavirus-Fall im Landkreis bekannt wurde, legten die Stadtbewohner selbst beredtes Zeugnis darüber ab, dass ihnen Politik (und damit das Schicksal ihrer Heimat) alles andere als egal ist. Und so waren es die 260 PNP-Leser, die für einen vollen Saal sorgten, die zuerst vom Moderator gewürdigt wurden: „Ich begrüße die vielen PNP-Leser, die auch in turbulenten Corona-Zeiten Politikinteresse zeigen“, sagte PNP-Redaktionsleiter Wolfgang Lampelsdorfer, ehe er die Diskussionsteilnehmer vorstellte.

Gleich acht Kandidaten ringen darum, wer der nächste Oberbürgermeister (oder gar die erste Oberbürgermeisterin) wird – das hatte es in der Stadtgeschichte noch nie gegeben. Es ist Segen und Fluch zugleich. Ein Segen, weil die Zahl zeigt: Die Demokratie wird hier gelebt, weiter entfernt von einer Scheinwahl und einem kollektiven Verharren im Status quo könnte Passau kaum sein. Die Menschen hier müssen froh darüber sein, dass sie eine derartige Qual der Wahl haben. So gesehen war die PNP-Podiumsdiskussion gestern in der Redoute gelebte Demokratie.

Format „Podiumsdiskussion“kommt an seine GrenzenEin Fluch ist das Oktett aber auch, denn das Format „Podiumsdiskussion“ gerät bei derart vielen Disputanten an seine Grenzen. Fast auf die Minute genau zwei Stunden dauerte die Veranstaltung. Nach Adam Riese bedeutet das: Rechnet man die Zeit für Moderation und Fragen nicht mit ein, blieb jedem potenziellen OB gerade mal eine Viertelstunde, um seine Ansichten zu den großen Themenkomplexen Hochwasserschutz, Umwelt, Verkehr und Stadtentwicklung darzulegen und gegen die Kontrahenten zu verteidigen. Das klappte nur dank der unerbittlichen Klangschale, geschlagen von PNP-Volontärin Annabella Angerer-Schneider, die keine Überziehung der Redezeit zuließ – eineinhalb Minuten hatten die Kandidaten für ihr erstes Statement zu jedem Thema, eine Minute für jede weitere Wortmeldung. Und nicht zuletzt lag es auch an den Kandidaten, dass keine Langeweile aufkam.

Aufgereiht saßen sie auf dem Podium, geordnet nicht nach politischer Couleur oder einem immer diffuseren „links-rechts“-Gedanken, sondern schlicht alphabetisch von links nach rechts: Stefanie Auer (Grüne), Jürgen Dupper (SPD), Josef Ilsanker (Linke), Siegfried „Sigi“ Kapfer (FWG), Matthias Koopmann (PaL), Urban Mangold (ÖDP), Georg Steiner (CSU) und Christa Tausch (FDP).

Spannend war zu sehen, welche Rolle die Acht auf dem Podium jeweils einnahmen. Wer geht in die Offensive? Wer gibt sich gelassen? Wer brüstet sich, wer kritisiert die anderen? Wer sorgt für Zündstoff?

Klare Ansagen mit Fokus auf die eigene Partei gab es von Stefanie Auer zu hören. Sie bewies, dass sie mit einer Vision und Zielen angetreten ist und konnte mit präzisen Antworten auch bei den neutralen Zuhörern punkten.

Souverän gab sich der Titelverteidiger Jürgen Dupper, der sich in seinen präzisen Antworten von den Attacken seiner Konkurrenten nicht aus der Fassung bringen ließ. „Ich habe leider den Part, dass ich immer Versachlichung leisten muss. Hier wird viel Falsches gesagt“, sagte er, als er einmal mehr einen Vorwurf konterte.

Josef Ilsanker konzentrierte sich auf das Soziale und bemühte sich, sich nicht auf einen fruchtlosen, aufs Persönliche gerichteten Schlagabtausch einzulassen.

Ähnlich verhielt es sich mit seinem Nebenmann Sigi Kapfer, der eher leise Töne anschlug, auch wenn er sich einige Seitenhiebe nicht verkneifen konnte. Damit sorgte er für einige Lacher im Publikum.

Wortgewandtheit bewies Matthias Koopmann. Er hob die eigenen Leistungen der vergangenen Jahre – eingebrachte Anträge, gestartete Initiativen – hervor und kritisierte gleichzeitig die Entscheidungsträger für die Blockierung seiner Vorhaben.

Koopmann entlocktDupper eine SticheleiSo schaffte es Koopmann auch, Dupper eine nicht für das Mikrofon bestimmte Stichelei zu entlocken. Als Auer einmal Koopmann aufforderte, ihr doch bitte genau zuzuhören, bevor er etwas entgegnet, drehte sich Dupper in ihre Richtung und sagte so leise, dass nur die erste Reihe es hören konnte: „Kann er nicht.“

Die größten inhaltlichen Übereinstimmungen gab es wohl zwischen Koopmann und Urban Mangold. Passaus 2. Bürgermeister war vor allem um Ausgleich bemüht.

Ganz anders als Georg Steiner. Er war es, der die meiste Würze in die Diskussion brachte. Und wer ordentlich würzt, muss damit rechnen, dass das fertige Gericht nicht allen schmeckt. Die Arbeit der CSU lobte, die der anderen Parteien diskreditierte er mit Gusto. Dafür gab es aus dem Publikum nicht nur Applaus. Steiner war der Einzige, dem mehr als einmal Buh-Rufe entgegenschallten. Auch die Klangschale ertönte bei seinen Beiträgen öfter als bei den anderen, aus der Ruhe brachte ihn das Geklingel aber nicht. „Auf Klangschalen hört er nicht so“, sagte einmal Christa Tausch.

Sie war Steiners Gegenstück, der große Ruhepol; keiner der anderen nahm so oft die Wörter „zusammen“, „miteinander“ und „gemeinsam“ in den Mund.

Wer hat die Diskussion gewonnen? Wer eine Antwort darauf hat, wusste sie wohl schon vorher. Klar ist: Um Passaus Politik ist es gut bestellt. Die Verlierer der Wahl werden nicht verschwinden, und der glückliche Gewinner wird keine Chance bekommen, sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen.

Die Diskussion im Video finden Sie unter www.pnp.de/video

Quelle: Passauer Neue Presse vom 05.03.2020
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