Denkanstöße und Stichworte für eine „Verkehrswende“

Karl Synek gibt Denkanstöße für Verkehrswende in Passau
Apps mit vielen Bus-Infos sowie Carsharing-Projekte, wie es sie bereits immer nachgefragter in Passau (hier am Rathausplatz) gibt, könnten laut Karl Synek eine größere Verkehrswende anreichern. - Foto: Jäger

Grünen-Stadtrat Karl Synek fasst mittelfristige Verbesserungen mit digitalen Errungenschaften, Apps und E-Mobilität-Optionen ins Auge

Warum in die Ferne schauen, wenn das Machbare liegt so nah? In Anlehnung an einen Goethe-Vierzeiler will Karl Synek in Zeiten von umstrittenen Tangenten, umständlichen Tunnelvorhaben, unendlichen Brückendebatten und weitreichenden Einhausungs-Visionen eine „Verkehrswende“ anstoßen, die vielleicht schneller und zeitgemäßer erfolgen könnte. Vor allem digitale Entwicklungen und Errungenschaften sowie Apps und die Vorzüge der aufkeimenden E-Mobilität sollen die topographisch so eingeschränkten Verkehrskonzepte in der Dreiflüssestadt anreichern. „Vorfahrt für Busse, Bahnen, Radfahrer und Fußgänger – dann erst das Auto, so sollte unsere Verkehrsplanung ab jetzt ausschauen“, fordert der Grünen-Stadtrat als Vorgaben für die lokale Verkehrsplanung bis 2030.

„Ich habe mich wirklich angestrengt, um eine Alternative zur bisherigen Mobilität aufzuzeigen. Es bedarf allerdings schon eines strukturellen Denkens und einer Bereitschaft für Neues, wenn daraus die richtigen Maßnahmen entstehen sollen“, nimmt der langjährige Stadtrat Politkollegen mit in die Pflicht. „Ich bin mir sicher, die Zeit arbeitet in diese Richtung.“ Synek wünscht sich – ähnlich wie im Kulturbereich – mehr offene „Grundsatzdiskussionen ohne jegliche Tagesordnung“ in den Ausschüssen – und dort nicht nur die Debatte um den einen oder anderen Antrag, der erörtert und schlimmstenfalls abgelehnt wird und versandet.

Wie in den meisten deutschen Städten stoße laut Karl Synek auch in Passau der Straßenverkehr an seine Grenzen. „Den immer zahlreicheren Pkw, Lkw und Lieferdiensten wird auch der Neubau von weiteren Straßen zu keiner freien Fahrt für freie Bürger, wie es sich viele wünschen, verhelfen.“ Zu bedenken sei, dass die sogenannte „freie Fahrt“ des Einzelnen immer mehr zu Lasten anderer geht, „ob im täglichen Stau und bei Schadstoffbelastungen oder aber wegen des Lärms – immer mehr Menschen wünschen sich eine Verkehrswende“, weiß der umweltsensible Stadtrat.

„Mit einem richtigen Mobilitätskonzept wird der Weg frei für mehr Lebensqualität“, sagt Synek und wird konkret: „Das jetzige Verkehrskonzept in Passau ist auf die Vorfahrt des Autos zulasten der Fußgänger und Radfahrer ausgelegt. Als Beispiel kann man die Ampelschaltungen, die Gehwegbreiten, die Parkhäuser in der Innenstadt und die Umnutzung von städtischen Flächen in Parkplätze nennen.“ Und nach wie vor werden in den Straßenausbau mehrere Millionen Euro gesteckt, ohne dass sich die Verkehrslage merklich entspannen würde.

„Ein Umdenken und eine neue Prioritätensetzung ist notwendig: Vorfahrt für Busse, Bahnen, Radfahrer und Fußgänger – dann erst das Auto“, sagt Synek. „Mit Blick auf das Jahr 2030 sollten wir ab sofort beginnen, die Verkehrswende mit intelligenten und vernetzten Verkehrssystemen einzuleiten.“

Wie könnte also der Verkehr in zwölf Jahren in Passau ausschauen? Karl Syneks Vorschläge mit vielen Stichworten:
„Die Digitalisierung bietet völlig neue Möglichkeiten. Eine spezielle App auf dem Smartphone ermöglicht in Sekundenschnelle einen Überblick, wie man schnell von A nach B kommt. Es werden nicht nur die ÖPNV-Verbindungen, sondern es wird das nächste freie Carsharing-Auto bzw. E-Leihrad, der nächste freie Parkplatz und vor allem die nächste Mitfahrgelegenheit angezeigt. Besonders auf dem Land werden Ruf-Busse auf diese Art und Weise optimal eingesetzt, die den in der Zwischenzeit gegründeten Verkehrsverbund zwischen Stadt und Land ergänzen. Durch die Vernetzung dieser beiden Lebensräume wird die Landflucht gestoppt und zugleich die Mobilität aufrecht erhalten.
Die Ilztalbahn hat ihren Linienbetrieb aufgenommen und auch auf Donau und Inn verbindet ein Linienschiff die Ortsteile: Grubweg – Innstadt – Altstadt – Bahnhof – Hacklberg. Für Lastzüge ist die Durchfahrt in Passau gesperrt. Aus Richtung Fürstenzell (St 2618) und Richtung Neuburg
(St 2110) können die Radfahrer sicher und schnell auf Radwegen neben den vorhandenen Straßen
in die Stadt fahren.
Durch den Rückgang des Individualverkehrs werden im Wesentlichen nur noch die Autoabstellplätze in den Parkhäusern gebraucht. Aus diesem Grund ist es möglich, viele Straßen als Spielstraßen und verkehrsberuhigte Zonen auszuweisen. Manche Fahrbahnen werden zu Radwegen umgewandelt und die Fußgänger und Radfahrer haben grundsätzlich in der Innenstadt Vorfahrt. Durch den Rückbau von Parkbuchten und Stellplätzen ist es möglich, die Stadt neu zu begrünen.
Der lokale Wirtschaftsverkehr wird neu strukturiert. Es fahren in Passau nicht mehr dutzende Lieferautos von früh bis spät durch die engen Gassen und Straßen. Es werden keine Zufahrten mehr versperrt und Gehsteige zugestellt. Statt dessen gibt es in jedem Stadtteil ein Zentrallager, aus welchem entweder das gelieferte Paket abgeholt werden kann, oder aber ein Auslieferdienst mit E-Lastenrädern die Kundschaft beliefert. Auch Essensdienste werden nur noch mit E-Bikes bzw. E-Autos vorgenommen. Die Stadtwerke haben ihre Flotte auf Elektrobusse umgestellt und die Taxis fahren alle mit Elektromotoren. Um die Elektromobilität zu unterstützen, werden an allen öffentlichen Gebäuden, Tankstellen und Supermärkten die entsprechenden Ladesäulen angeboten.“
Trotz aller Veränderungen weiß Karl Synek aber auch: Das Auto wird nicht aus dem Straßenbild verschwinden. „Es wird sich aber deren Zahl verringern und es werden andere Autos sein“, sagt er mit Blick auf die zunehmende E-Mobilität. „Es hat in der Vergangenheit schon öfter Umbrüche beim Verkehr gegeben und jedes Mal wurden sie von Ängsten begleitet. Die Verkehrswende wird uns in Passau gelingen, wenn wir nicht als Getriebene, sondern als Vorausschauende agieren“, meint der Ideen- und Stichwortgeber.

Quelle: Passauer Neue Presse vom 31.03.2018

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