Wieder eine 5:8-Abstimmung – Grüne, ÖDP und PaL dafür, SPD. CSU, FWG und FDP dagegen
Auch der Stadtrat dieser Amtsperiode lehnt die Wiedereinführung einer Baumschutzverordnung ab. Mit 5:8 Stimmen hat der Ausschuss für Klima und Umwelt den Antrag der Grünen verworfen, die Verwaltung mit dem Entwurf einer neuen Baumschutzverordnung zu beauftragen.
Seit der Stadtrat vor zwanzig Jahren die alte Baumschutzverordnung abgeschafft hat, gab es mehrfach Versuche, sie in einer neuen Form wiederzubeleben. Keiner war erfolgreich. Immer kam eine Mehrheit zur Einsicht, so eine Verordnung bedeute vor allen viel Bürokratie und Aufwand für die Verwaltung sowie Ärger und Verdruss für die Baumbesitzer – ohne dass sie Bäume tatsächlich so wie beabsichtigt schützen würde. Der tatsächliche Bedarf in einer überaus grünen Stadt wie Passau sei so nicht gegeben.
Dass dazu alles hinlänglich gesagt sei, glaubt die Grünen-Fraktion nicht. Einen Bürgerentscheid habe es darüber nie gegeben, erinnert Matthias Weigl (Grüne). Andere Städte haben doch solche Verordnungen, es sei ein Fehler gewesen, dass Passau sie abschaffte. Auch die Grünen wollten nicht zur alten Verordnung zurück und seien ergebnisoffen aufgeschlossen für jedes praxistaugliche Regelwerk in heutiger Zeit. Der Antrag ziele nicht darauf ab, jeden kleinen Baum mit 50 Zentimetern Höhe zu schützen.
Als Architekt hatte Fritz Gerstl (SPD) mit der damaligen Baumschutzverordnung in der Praxis zu tun: „Das hat keinen Spaß gemacht, sie hat auch keinen einzigen Baum geschützt. Das ist ein Werk aus dem letzten Jahrhundert und dort sollten wir es auch belassen.“ Die Frage sei auch nicht, ob andere Städte eine Baumschutzverordnung haben, sondern ob sie damit glücklich sind. Fritz Gerstl zweifelt nicht an der Baumliebe der Passauer: „Die Leute sind nicht schlecht, sie wollen aber nicht, dass in ihren Vorgarten reinreglementiert wird.“ Ähnlich beobachtet Evi Buhmann (CSU): „Passau ist grüner denn je. Die Bürger haben das Bewusstsein dafür. Sie unter Generalverdacht zu stellen, finde ich nicht gut. Baumschutz ja – Baumschutzverordnung nein.“
„Passau grüner denn je“ – warum also verordnen?
Mit dem Bewusstsein der Passauer für Bäume befasst sich auch Urban Mangold (ÖDP), jedoch mit anderem Ergebnis: „Eine neue Baumschutzverordnung würde heute nicht mehr auf so breite Ablehnung stoßen wie 2009.“ Wie Boris Burkert (Grüne) erklärt auch Mangold, die heutige Digitalisierung eröffne neue Möglichkeiten und minimiere den Aufwand. Etwa reiche ein Foto um zu beurteilen, ob ein Baum schützenswert ist. „Und wir hätten ein Monitoring über den Baumbestand“, begeistert sich Matthias Weigl. Er selbst sieht keine Reglementiereritis: „Wir wollen doch nicht mit Verordnungen um uns werfen.“
„Ja, die Zeiten ändern sich“, bestätigt Bürgermeister Andreas Rother (SPD), und kommt doch zu einem anderen Ergebnis: „Ich glaube, die Passauer heute sind noch viel sensibler, was den Umgang mit der Natur angeht.“ „Mit Verboten erreicht man nichts“, weiß Katja Reitmaier (SPD). „Eher das Gegenteil. Wer in der Verordnung liest, dass er seinen Baum dann nicht mehr umschneiden darf, schneidet ihn eben noch schnell vorher um“, prophezeit Hans-Jürgen Bauer (SPD).
„Hüten wir uns vor diesem Verwaltungsmoloch und vor Eingriffen in Privatrechte. Wo ist die Notwendigkeit, wird denn irgendwo massiv abgeholzt? Ich kann das nicht feststellen“, erklärt Andreas Dittlmann (FDP).
Baumpflanzung fördern – darüber wird noch beraten
Den Grünen-Antrag auf einen neuen Entwurf für eine mögliche Baumschutzverordnung lehnte der Ausschuss mit 5:8 Stimmen ab. Dafür waren Grüne, ÖDP und PaL, dagegen SPD, CSU, FWG und FDP. Mit gleicher Mehrheit lehnte der Ausschuss auch ab, eine Baumschutzverordnung im Zuge des Klimaschutzkonzepts nochmal zu prüfen.
Zur Abstimmung kam auch ein Ersatzvorschlag von Matthias Koopmann (PaL): Die Verwaltung solle eine Baumfördersatzung prüfen. Das Pflanzen eines Baums solle gefördert werden mit der Verpflichtung, diesen Baum wenigstens 30 Jahre stehen zu lassen. Katja Reitmaier verlangte, diesen Antrag zunächst in den Fraktionen zu besprechen, was der Ausschuss mit elf gegen die zwei Stimmen von Koopmann und Michael Schöffberger (ÖDP) auch beschloss. Darüber ist Koopmann empört: Sein Antrag sei lediglich ein Arbeitsauftrag an die Verwaltung gewesen, was hätten denn die Fraktionen darüber zu beraten? Inzwischen brachte er auch noch in Erfahrung, dass der Antrag nur dann wieder in den Ausschuss komme, wenn dies alle Fraktionen wünschen.
Quelle: Passauer Neue Presse vom 11.06.2021
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