Anarchisten und ihre Prinzipien

Die Grünen unterstützen "Projekt A" und diskutierten mit Filmemacher Marcel Seehuber (3.v. l): Stadtrat Boris Burkert (v.l.), Landkreis-Grünen-Chef Dirk Wildt, Stadt-Grünen-Chef Johannes Hauck, Kino-Geschäftsführer Wolfgang Schwenk und Florian Fischer von der SoLaWi "Vereinte Wurzelwerke Ilztal". - Foto: Pierach

Filmemacher Marcel Seehuber begleitet den Doku-Steifen „Projekt A“ ins Scharfrichter-Kino

Ein Baby, sein Baby, der Dokumentarfilm „Projekt A“, macht Marcel Seehuber mächtig Freude. Der Filmemacher (40) aus Altötting hat mit Moritz Springer (37) aus Berlin Anarchisten in ganz Europa besucht, beide gesellen sich vorbehaltlos zu den Akteuren und lassen sie ihre Projekte und Visionen vorstellen. Seehuber kam am Montag ins bestens besuchte Scharfrichter-Kino. Das entspricht ganz dem Filmerfolg – seit dem Start im Februar hatte „Projekt A“ 24 000 Zuschauer.
Wenn das Horst Stowasser, der 2009 verstorbene Anarchist und Autor – „Anarchie ist, wenn kein Mensch über den anderen herrscht“ – noch hätte sehen können! Eine Lesung 2008 aus seinem Buch „Projekt A“ über Projektanarchismus ließ in Seehuber, sozialisiert als Punk, und Springer, der als Teenager mit Freunden auf einer eigenen Südseeinsel leben wollte, die Idee zum gleichnamigen Doku-Film keimen. Wegen wenig Geldes, daher des Zwangs, parallel die Alltagsbrötchen zu verdienen, ging das Filmen in Spanien, Griechenland, Deutschland und der Schweiz erst 2011 so richtig los und dauerte bis 2013. Noch zwei Jahre brauchten die beiden (gemeinsame Regie, Kamera: Seehuber; Ton: Springer) und ihr Team, bis der 84 Minuten lange Streifen über ihre „Spurensuche nach anarchistischen Projekten in Europa“ vorzeigbar war: „Wir wollten sehen, was Anarchisten tun, wie sie konkret versuchen, ihrer Utopie einen Schritt näher zu kommen.“ Nach den Besuchen bei Hanna, Mariano, Didac, Margarita und Makis, die alle von einer freien Gesellschaft träumen, wissen die Dokumentarfilmer: „Ihre Prinzipien machen es ihnen alles andere als leicht.“ Und eines jeden „Kampf für die wichtige Sache kann sich auch in banalen Diskussionen verlieren“.
Das Schwierigste beim Dreh war, sagt Seehuber im PNP-Gespräch, „dauernd das Bett mit Leuten aus dem Team teilen zu müssen. Wir hatten ja kaum Geld, da ging das nicht anders.“ Und auch die Erkenntnis, wie weit Theorie und Praxis im echten Leben oft auseinanderklaffen, schmeckte bitter. Das Schönste für Seehuber an „Projekt A“ neben den Erfahrungen vor Ort, wie Gesellschaften ticken und funktionieren? Der Plan beider Filmemacher war, mit der Dokumentation „Mut zu machen, Diskussionen anzustoßen und zu zeigen, dass es an der Zeit ist, die Dinge wieder selbst in die Hand zu nehmen“. Dieser Plan geht nun voll auf. Seehuber zufrieden: „Der Film trifft den Nerv! Unser Film, fünf harte Jahre Arbeit daran, wird wertgeschätzt. Wir treten damit überall Diskussionen darüber los, wie wir die Welt zu einem besseren Ort machen können.“

Quelle: Passauer Neue Presse vom 19.10.2016
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