Haushaltsrede 2016

Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden Karl Synek für 2017

vom 05.12.2016

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Der amerikanische Politwissenschaftler Benjamin Barber schreibt. „Das Vertrauen von Bürgerinnen und Bürgern in die lokale Politik sei durchschnittlich doppelt so hoch wie in die nationale politische Ebene. Der Grund hierfür liege nicht zuletzt in der pragmatischen, lösungsorientierten Handlungsweise von Kommunalpolitikern.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Feststellung machen wir uns gerne zu eigen und sie gilt es jedes Jahr erneut zu bestätigen. Eine wichtige Grundlage für unsere Stadtentwicklung sind geordnete Finanzen. Die Voraussetzungen in Deutschland wären gut, denn der Bundeshaushalt erzielt einen beachtlichen Überschuss, der für eine schnelle Entlastung in einer Stadt wie Passau sorgen könnte. Es sind die Sozialausgaben, die prozentual deutlich schneller steigen als unsere Steuereinnahmen. Der Grund hierfür liegt auch in den Integrationskosten, welche wir so zu sagen im Auftrag des Bundes zu stemmen haben. Hier fordern wir einen schnellen Defizitausgleich vom Bund und vom Land, bei gleichzeitiger Zusage einer funktionierenden Integration in Passau.

Die bisherigen Erfahrungen mit den ausländischen Mitbürgern sind bis auf wenige Ausnahmen positiv. Um keine Ängste aufkommen zu lassen sind allerdings Investitionen in die „Gerechtigkeitsinfrastruktur“ notwendig. Dazu zählen Kindergärten und Wohnungen, das Bekämpfen von Langzeitarbeitslosigkeit und die Integration in die Arbeitswelt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das wird die Aufgabe im Jahr 2017 und in den folgenden Jahren für uns sein. Wenn wir das alles schaffen, und keine neuen Straßen, Brücken, Einhausungen und Autotunnel bauen, dann haben wir viel geschafft, dann ist das kein Stillstand, sondern das ist dann Fortschritt. Als weiteren Fortschritt sehen wir auch, wenn es uns gelingt, statt immer mehr Konsum, mehr Produktion und höhere Rendite auf mehr Kreativität in der Wiederverwertung, beim Recycling und in der Energieeffizienz zu setzen. Das schützt die Umwelt und schafft zugleich Arbeitsplätze.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine zentrale Frage für die Einwohner in einer Stadt ist der Besitz einer Wohnung. Das hat viel mit der Würde der Personen und der Entfaltung der Familie zu tun. Dem Bedarf an Wohnungen steht jedoch der Mangel an verfügbarem Bauland gegenüber und auf den wenig freien Flächen konkurrieren frei finanzierter und staatlich geförderter sozialer Wohnungsbau. Ein Ausweg aus diesem Dilemma wäre die Umwandlung der bestehenden Grundsteuer in eine Bodensteuer. Diese von uns Grünen geforderte Systemumstellung wäre einfach zu vollziehen und sie würde aufkommensneutral viele Baugrundstücke ihrer Zweckbestimmung, nämlich einer Bebauung zuführen. Um möglichst viele Frei- und Grünflächen zu erhalten, müssen wir nach einem simplen Grundsatz handeln: Die Fläche ist für die Natur und die Höhe ist für die Menschen.

Damit die Häuser und das Eigentum unserer Bürgerinnen und Bürger aber auch geschützt werden, ist es in Zeiten des Klimawandels unsere Pflichtaufgabe Hochwasserereignisse so gut es geht abzuwehren. Die dafür im Haushalt eingestellten Mittel betragen 10 Mio € und sie sind wohl die wichtigste Investition in dieser Stadtratsperiode. Da es unmöglich ist, in einer Dreiflüssestadt Sicherheit für alle zu schaffen, müssen wir genau abwägen wo wir welchen Hochwasserschutz errichten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Entscheidung steht uns noch bevor und sie sollte fern jeder Parteipolitik offen diskutiert und getroffen werden. Zur Hochwasservorsorge brauchen wir jedoch nicht nur finanzielle Hilfe vom Land, sondern auch eine logistische Hilfe. So wäre es wichtig, für unser Stadtgebiet eine Starkregengefahrenkarte zu erhalten, welche die Fließwege der Oberflächenabflüsse sowie die Überflutungsvorgänge ermittelt und darstellt. Mit so einer Grundlage kann dann die Stadt ein Handlungskonzept zur Gefahrenabwehr erstellen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine freie Finanzspange ist leider kaum vorhanden und deshalb ist die Möglichkeit für eine höhere Investitionstätigkeit einfach nicht da. Wer anderes behauptet kennt die Haushaltslage der Stadt nicht, unter welcher schon seit Jahren die Zuführung zum Vermögenshaushalt leidet. In diesem Zusammenhang möchte ich den Nebenhaushalt „Berufsschule“ ansprechen. Die Schulden des Zweckverbandes sind zu 35 % auch unsere Schulden. Es ist zwar gerade bei diesen niedrigen Zinssätzen verführerisch neue Schulden zu machen, aber es verbleibt bei uns zumindest ein Finanzierungsaufwand für 25 Jahre von ca. 5 %: das heißt für jede Million Kredit sind 50.000 € im Jahr fällig. Da spielt es dann schon eine Rolle, ob ein Schulhausneubau 35 oder 75 Mio € kostet – der Unterschied für uns sind 700.000 € pro Jahr. Das sind in 25 Jahren fast 20 Mio €, falls unser Finanzsystem noch so lange hält. Solche Verpflichtungen würden auf Jahrzehnte unseren finanziellen Handlungsspielraum erheblich einschränken und von Seiten der CSU käme umgehend wieder der Vorwurf des Stillstandes. Im Übrigen möchte ich bei dieser Gelegenheit darauf hinweisen, dass wir Grünen einem eventuellen, dann aber abgespeckten, Neubau nur zustimmen werden, wenn eindeutig klar ist, was mit dem Altbau geschehen soll.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden zwar unsere Rücklagen im nächsten Jahr etwa zur Hälfte auf dann 11 Mio € abbauen, aber entgegen einer früheren mittelfristigen Finanzplanung bleiben uns für das Jahr 2018 und folgende nicht -0- €, sondern immerhin 11 Mio € noch übrig. Das ist kein Grund zu jubeln, es ist jedoch immerhin der Ausweis für gutes Wirtschaften. Aus diesem Grund gilt es auch Dank zu sagen an die Verwaltung und insbesondere an das Finanzreferat, denen es seit Jahren gelingt ihre Handlungsfähigkeit im Rahmen einer schwierigen Haushaltslage unter Beweis zu stellen.

Im Verwaltungshaushalt ist bis auf Kleinigkeiten alles in guter Ordnung. Natürlich tun uns die hohen Personalkosten weh und doch sind sie in Bezug zu den Gesamtausgaben noch im grünen Bereich. Es ist übrigens gut zu wissen, dass bei der Stadt auch in den unteren Lohngruppen ordentlich bezahlt wird. Von den personellen Änderungen im Kulturreferat erwarten wir uns neue Impulse und Herausforderungen in den Bereichen Kunst und Kultur.

Die Haushaltsdebatte sollte meines Erachtens immer ein Anlass für uns sein über die nächsten Jahre hinaus zu blicken. In gewisser Weise wird die zukünftige Entwicklung der Stadt in der Investitionsplanung bis 2020 abgebildet. Neben den üblichen Investitionen kann man daraus drei Schwerpunkte ablesen und das sind: Bildungseinrichtungen, Hochwasserschutz und Sportanlagen.
Am Beispiel der Ausgaben für die Sportanlagen möchte ich auf eine grundsätzliche Frage hinweisen: In welche Richtung wollen wir unsere Stadt entwickeln? Haben wir uns bisher ernsthaft damit beschäftigt strukturell zu planen?

Da diese Planungen immer mit hohen Ausgaben einhergehen, müssen wir entscheiden, ob wir einen Schwerpunkt setzen auf die Förderung von Sport oder Kultur oder Handel und Wirtschaft oder ÖPNV, usw. Wenn wir jetzt sozusagen auf die Schnelle 900.000 € für einen Kunstrasenplatz beschließen, zu den in diesem Jahr bereits erstellten zwei weiteren Plätzen, so fehlt uns das Geld eben z.B. für die dringende Renovierung der Fußgängerzone oder auch für eine schnelle Umsetzung des Stadtentwicklungskonzepts. Deshalb noch einmal meine Frage: Haben wir ausreichend über die Frage diskutiert, wohin wir unsere Stadt entwickeln wollen? Ich meine, wir sollten uns dazu mehr Zeit nehmen und die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger erfüllen, die von uns eine bessere Zusammenarbeit erwarten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir Grünen setzen weiterhin auf den Ausbau des ÖPNV. Es ist für uns deshalb z.B. nicht akzeptabel, wenn eine neue Nordumfahrung von Passau von manchem hier im Saal immer noch wesentlich wichtiger eingeschätzt wird, als der zweigleisige Ausbau der Bahnstrecke zwischen Plattling und Landshut. In unserer Stadt selbst gibt es noch zahlreiche Möglichkeiten zur Optimierung von Buslinien und des Fahrrad- und Fußgängerverkehrs. Zögern Sie nicht länger, gehen Sie mit uns den Weg in ein besseres Leben für unsere Bürgerinnen und Bürger, die einen fortschrittlichen Begriff von Mobilität umsetzen wollen.

In den letzten Jahren ist ein vermehrter Zuzug in die Stadt Passau festzustellen und damit verbunden ist eine neue Vielfalt auch in der kulturellen Entwicklung. Wir leben von Menschen, die als Träger von Ideen, Projekte realisieren und Unternehmungen mit Innovationen gründen. Ich bin froh in einer Stadt zu leben, in welcher der öffentliche Raum ein wichtiges Gut ist. Anders als in den meisten Städten auf der Welt ist es bei uns immer noch selbstverständlich ein Konzert oder ein Museum ohne Durchsuchung von bewaffneten Wachpersonal besuchen zu können. In unserer Fußgängerzone, auf den Kinderspielplätzen und in den Stadtbussen kommen Bürgerinnen und Bürger aller Gesellschaftsschichten zusammen. Auch das ist gelebte Demokratie, auch das gilt es zu bewahren und nicht einem Sicherheitsdenken zu opfern. Die Offenheit unserer Stadt bedeutet nichts anderes, als die Stadt gehört uns allen. Wir schätzen sie, indem wir diesen Umstand als ein wichtiges Ziel der Stadtentwicklung betrachten.

Zum Schluss möchte ich mich noch beim Herrn Oberbürgermeister, den Leuten in der Verwaltung und bei Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, für die oftmals gute Zusammenarbeit bedanken und heute auch ausdrücklich unsere drei Abgeordneten erwähnen, die durch persönlichen Einsatz heuer so manches für unsere Stadt zum Guten gewendet haben.

Karl Synek

Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen